Bochum. Trotz Niederlage in dieser Woche hält Verdi an der Gegenwehr gegen verkaufsoffene Sonntage in Bochum fest. Aktuell im Blickpunkt: Wattenscheid.

Trotz der Schlappe in dieser Woche vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hält die Gewerkschaft Verdi an ihrer Gegenwehr gegen die verkaufsoffenen Sonntage in Bochum fest. Ob auch gegen den Sonntagsverkauf am 2. Juli in Wattenscheid geklagt wird, werde derzeit geprüft.

Am Mittwoch hatten die Verwaltungsrichter grünes Licht für den verkaufsoffenen Sonntag am 11. Juni beim Stadtteilfest „Bänke raus“ in Langendreer gegeben. Sie lehnten einen Antrag von Verdi auf eine Einstweilige Verfügung ab.

Stadt Bochum komme ebenfalls nicht gut in dem Beschluss weg

Die Stadt kommt in dem Beschluss (er liegt der WAZ vor) gleichwohl nicht gut weg. Als „nicht tragfähig“ und „nicht belastbar“ bemängelt das Gericht die Prognose von bis zu 10.000 Festbesuchern und 1000 Interessenten an der Ladenöffnung. Nur weil die Richter die „Anziehungskraft der dortigen Geschäfte“ als „sehr begrenzt“ einstufen, bleibt es beim verkaufsoffenen Sonntag im Stadtteil.

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Gut möglich, dass Verdi in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde, mutmaßt Sekretär Michael Sievers. Deshalb sehe die Gewerkschaft auch keinerlei Grund für eine generelle Abkehr von ihrer Strategie, die Sonntage gerichtlich zu Fall zu bringen. „Immerhin vertreten wir damit die klar geäußerten Interessen unserer Mitglieder“, betont Sievers.

Anwalt beurteilt Verdi-Vorgehen bei 600-Jahr-Feier in Wattenscheid

Das oft geäußerte Argument, viele Beschäftigte im Einzelhandel würden gern sonntags arbeiten, lässt er nicht gelten. „Jede zweite Neueinstellung im Handel erfolgt befristet. Wie frei sind diese Mitarbeiter, wenn der Arbeitgeber sie fragt?“ Und: „Sonntags-Zuschläge gibt’s nur in tarifgebundenen Betrieben. Das sind im Handel aber nur 38 Prozent.“

Ein Verdi-Anwalt werde in Kürze beurteilen, ob gegen den offenen Sonntag am 2. Juli im Rahmen der 600-Jahr-Feier in Wattenscheid vorgegangen wird. „Wenn wir feststellen, dass die Verordnung offensichtlich rechtswidrig ist, werden wir erneut handeln“, so Sievers zur WAZ.

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CDU warnt vor einer Klage

Derweil warnt die CDU vor einer Klage. Fraktionsvorsitzender Christian Haardt: „Ich hoffe, dass Verdi akzeptiert, dass es sich bei der Feier der Wattenscheider um ein einmaliges Ereignis handelt und man deshalb bei diesem verkaufsoffenen Sonntag die Einmaligkeit akzeptiert und an dieser Stelle keinen Grundsatzstreit ausficht. Das jedenfalls würde ich mir für die vielen Wattenscheider und für die Organisatoren der Jubiläumsfeier wünschen.“

>>> KOMMENTAR von Jürgen Stahl: Niederlage war vorhersehbar

Da mag Verdi noch so sehr auf eitel Sonnenschein machen: Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in dieser Woche bedeutet für die Gewerkschaft eine krachende Niederlage. Die war vorhersehbar. Anders als in Innenstädten (zuletzt beim Maiabendfest) sind die verkaufsoffenen Sonntage bei Stadtteilfesten meist nur eine – wenn für die Händler auch durchaus wichtige – Zugabe.

Allein die Anzahl der geöffneten Läden (in Langendreer sind’s morgen elf) lässt die Vermutung zu, dass die meisten Besucher nicht zum Shoppen, sondern zum Feiern kommen. Und damit ist dem Gesetz Genüge getan.

Gerichtsentscheid schafft doppelte Klarheit

Nach den Unwägbarkeiten der letzten Monate schafft der Gerichtsentscheid doppelt Klarheit: Nicht jeder Versuch von Verdi, einen Sonntagsverkauf zu kippen, ist von Erfolg gekrönt. Und zumindest in den Ortsteilen erhält der Handel eine weitgehende Planungssicherheit. Denn was für Langendreer gilt, muss in Wattenscheid auch am 2. Juli bei der 600-Jahr-Feier und am 17. September beim Weinfest sowie ebenfalls im Herbst auf der „Lindener Meile“ gelten.

Bleibt die City, die nach wie vor vor den Verdi-Klagen bangen muss. Dabei wäre die Kaufmannschaft bei einem Termin im Jahr aller juristischen Sorgen ledig. „Bochum Total“ lockt im Juli zuverlässig mindestens eine halbe Million Menschen an. Welches, wenn nicht dieses Fest wäre mit einem verkaufsoffenen Sonntag zweifelsfrei „gerichtsfest“?