Bochum. . Studenten der Uni Witten/Herdecke erkunden mit Werner-von-Siemens-Schülern elf Tage England zu Fuß. Das soll ihr Selbstvertrauen stärken.
Elf Tage ohne Mobiltelefon. Elf Tage. Damit müssen die 40 Schülerinnen und Schüler der Werner-von-Siemens-Hauptschule erst einmal klar kommen. Schulleiter Klaus-Dieter Leiendecker aber geht an dieser Stelle des Vorbereitungsgespräches erst gar nicht näher auf Nachfragen ein. Wenn die Schüler vom 10. bis zum 21. Juni zusammen mit zwölf Studenten und fünf Lehrern durch England wandern, werden sie es mit hoffentlich viel Enthusiasmus aber in jedem Fall ohne Mobiltelefon machen.
Keine Klassenfahrt nach Schema F
„Das wird kein Problem“, sagt Joshua Aldag (22). Der Student, der zusammen mit Lukas Wessel und zehn weiteren Studenten der Uni Witten/Herdecke das ehrenamtliche Projekt mit den Bochumer Hauptschülern organisiert, war schon im vergangenen Jahr mit Schülern der Werner-von-Siemens-Schule in England wandern. „Im vergangenen Jahr wollte ein Schüler besonders schlau sein. Er hatte zwei Handys dabei, eins hat er abgegeben. Das andere dann später. Das war kein Problem.“ Eben auch, weil diese Fahrt, sie führt die Gruppe für elf Tage auf eine Wanderung auf dem „Saxon Shore Way“, keine Klassenfahrt ist, wie sie sonst durchgeführt wird.
„Es gibt da zwei große Unterschiede“, sagt Wessel. „Die Schüler nehmen freiwillig teil und bleiben dementsprechend während der Vorbereitungsphase auf diese Fahrt auch einen Tag in der Woche länger in der Schule. Und das zweite: Die Lehrer übertragen uns die Verantwortung. Sie fahren den Begleitwagen, organisieren das Essen, um alles andere kümmern wir uns. Wir sind keine Lehrer, keiner von uns will Lehrer werden.
Stimmen zum Wanderprojekt
Auch daher haben wir einen besonderen Kontakt zu den Schülern. Und sie entwickeln einen besonderen untereinander, obwohl sie aus unterschiedlichen Jahrgangsstufen kommen.“ In der Schule bliebe vieles im Klassenverbund. „Bei dieser Fahrt aber bilden wir Gruppen mit unterschiedlich alten Schülerinnen und Schülern“, sagt Aldag. „Das klappt gut. Sie finden sich schnell zusammen.“
Projekt mit ernstem Hintergrund
Dies haben sie in jedem Fall bei der vergangenen Fahrt. Aldag und Wessel sind deshalb optimistisch, dass es auch diesmal so sein wird. „Wir wollen die Jugendlichen aus ihrem Schul- und Familienalltag herausholen, ihnen ein neues Land und eine neue Kultur näher bringen, sie für die Natur und das menschliche Miteinander sensibilisieren.“ Mit täglichen Wanderungen von bis zu 25 Kilometern, mit Übernachtungen auf Zeltplätzen, mit gemeinsamen Aktionen.
Der Hintergrund des Projekts sei ein ernster. Viele der Hauptschüler kämen aus sozial schwachen Familien, hätten ein geringes Selbstwertgefühl, würden besonders in der Schule viel Frustration aufgrund des Leistungsdrucks und der Aggression auf dem Schulhof erleben. „Unserer Meinung nach“, sagt Aldag, „bekommen leistungsschwächere und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Deutschland nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Das wollen wir ändern.“