Bochum. . 2016 beantragten zehnmal so viele Bürger den Kleinen Waffenschein wie im Jahr zuvor. Die Polizei sieht Silvester in Köln als Auslöser.

  • Die Zahl der Inhaber von Kleinen Waffenscheinen ist sprunghaft gestiegen
  • Die Polizei reagiert besorgt und weist auf die aktuelle Kriminalitätsstatistik hin
  • Im Bereich des Polizeipräsidiums gibt es niemanden, der einen großen Waffenschein besitzt

Die Silvesternacht von Köln 2015/2016 ist auch 2017 nicht vergessen. Das wachsende Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung wirkt nach, ebbt aber langsam ab. Am deutlichsten lässt sich das an der Zahl der sogenannten Kleinen Waffenscheine ablesen, die bei der Polizei beantragt werden müssen. Im vergangenen Jahr waren es im Präsidiumsbereich (Bochum, Herne, Witten) zehnmal so viele wie im Jahr zuvor. Vor allem in den ersten Monaten waren die Zahlen regelrecht explodiert. Allein im Januar hat es 668 Anträge gegeben.

Das Bedrohungsgefühl steigt

Obwohl es bei den Kriminalitätszahlen laut Polizei insgesamt keine dramatischen Entwicklungen gebe, scheint sich ein Teil der Bevölkerung bedroht zu fühlen: Statt 220 im Jahr 2015 wurden 2016 sage und schreibe 2200 Kleine Waffenscheine beantragt. Und: Bis Ende 2015 waren insgesamt nur 2800 dieser Papiere in Umlauf gewesen.

Bürger sind mit dem Kleinen Waffenschein berechtigt, Signal-, Reizstoff- und Schreckschusswaffen zu tragen und werden somit wiederum selbst zu einer Gefahr für die Bevölkerung. Denn: „Mit einer Signalwaffe kann der Besitzer andere Menschen verletzen, eine Schreckschusswaffe beispielsweise ist sehr laut, das kann sowohl für den Besitzer als auch einen möglichen Angreifer Begleiterscheinungen haben“, erläutert Polizeisprecher Volker Schütte. Die Polizei steht einer „Aufrüstung“ der Bevölkerung allgemein sehr skeptisch gegenüber.

Die Hürde für die Berechtigung ist nicht hoch

Schließlich könne man als Inhaber eines Kleinen Waffenscheins auch Softair-Waffen kaufen, die aussehen wie eine Maschinenpistole oder gar ein MG. „Wenn jemand mit so einer Waffe in der Stadt herumläuft, kann das die Polizei schon recht nervös machen“, meint Schütte.

Benutzt werden dürfen die kleinen Waffen längst nicht überall und sowieso nur in Notwehr. In Gaststätten und auf Großveranstaltungen dürfen auch einfache Waffen überhaupt nicht getragen werden, „bei den Festivals am Stausee oder beim Public Viewing zum Beispiel ist das gar nicht erlaubt“, macht Schütte deutlich. Dem Beamten ist im Übrigen nicht bekannt, dass in den vergangenen Jahren im Präsidiumsbereich überhaupt einmal jemand in Notwehr eine Waffe habe zücken müssen.

Die Hürde, an eine Berechtigung zum Tragen einfacher Waffen zu kommen, ist nicht besonders hoch. Man muss lediglich „geistig tauglich“ und nicht vorbestraft sein. Sehr, sehr schwierig ist es hingegen, an einen regelrechten Waffenschein zu gelangen. Im Bereich Herne, Bochum und Witten gibt es derzeit nicht einen einzigen Berechtigten.

>> WAFFENSCHEINE SIND SEHR SELTEN

Die Erteilung von regulären Waffenscheinen (sie heißen nicht „große“ Waffenscheine) an Privatpersonen ist sehr selten; Waffenscheine erhalten nahezu ausschließlich Werttransportunternehmer und Bewachungsunternehmer. Die Rechtsprechung verlangt, dass der Waffenführer in der Lage ist, einen Angriff abzuwehren. Schon dieses Erfordernis wird oft bezweifelt.

Etwas einfacher gelangen Bürger an eine Waffenbesitzkarte. Jagdscheininhaber und Sportschützen müssen sie vor dem Erwerb einer Waffe beantragen. Die Polizei prüft die Eignung (u.a. Führungszeugnis). 5100 Personen in den drei Städten hatten Ende 2015 eine Waffenbesitzkarte. Auf diese waren insgesamt 16 000 Kurzwaffen und 13 800 Langwaffen eingetragen.