Bochum. . Der Polizei droht ein Abbau von mehr als 100 Planstellen. Nach einer internen Prognose schrumpft die Belegschaft bis 2020 deutlich.
- Der Bochumer Polizei droht der Abbau von 112 Planstellen bis zum Jahr 2020
- Das sagte Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier bei einer offenen Sitzung der Bochumer CDU-Fraktion
- Trotzdem will die Polizei weiter Präsenz auf der Straße zeigen - Wachen sollen nicht geschlossen werden
Die Polizei in Bochum, Herne und Witten wird in den kommenden Jahren voraussichtlich sehr viel Personal verlieren. Einer aktuellen Prognose zufolge werden bis zum Jahr 2020 insgesamt 112 Planstellen im Bereich des Bochumer Polizeipräsidiums wegfallen. Diese Anzahl teilte Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier jetzt bei einer öffentlichen Sitzung der Bochumer CDU-Fraktion im Bochumer Rathaus mit. Zurzeit hat die Behörde 1913 Polizeikräfte, darunter 443 Frauen.
Die Prognose stützt sich vor allem auf zwei Umstände. Erstens werden bis 2020 deutlich mehr Beamte in den Ruhestand gehen als dass junge Leute eingestellt werden. Der zweite Grund ist die so genannte „belastungsbezogene Kräfteverteilung“ (BKV), ein landesweites Verfahren für die Ermittlung von Personalbedarf bei den Kreispolizeibehörden. Motto: Dort, wo mehr Straftaten und Unfälle passieren, werden auch mehr Planstellen benötigt – und umgekehrt.
Fallzahl sinkt teils um 18,16 Prozent
Als ein Bewertungsmerkmal wird die durchschnittliche Anzahl der Straftaten in den vergangenen zehn Jahren zu Grunde gelegt. Die Bochumer Polizeibehörde hatte jahrelang davon profitiert, weil es vor rund zehn Jahren in Herne ein Großverfahren wegen Warenbetrügereien mit dem Internet-Auktionsportal Ebay gegeben hatte – mit 20.000 Einzelstraftaten. Diese riesige Zahl wird aber künftig bei der Personalverteilung nicht mehr berücksichtigt, weil der Ebay-Fall dann über zehn Jahre zurückliegt.
Hinzu kommt, dass auch im aktuellen Jahr im Bochumer Polizeibezirk weniger Straftaten begangen wurden: Von Januar bis August sank die Anzahl aller Straftaten allein im Stadtgebiet Bochum um 3,48 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum (von 25.388 auf ca. 24.500). Speziell bei der Straßenkriminalität sank die Fallzahl im selben Zeitraum in Bochum sogar um 8,21 Prozent, die Fallzahl der Wohnungseinbrüche sogar um 18,16 Prozent.
„Das ist doch schizophren“
„Wenn die Polizei gute Arbeit leistet, bekommt sie dann weniger Stellen?“, fragte ein irritiertes CDU-Mitglied. Die Polizeipräsidentin antwortete prompt: „So ist es.“ Der CDU-Mann fügte hinzu: „Das ist doch schizophren.“
Auch Kerstin Wittmeier räumte ein, dass das BKV-System der Polizei „im Landesinteresse nachvollziehbar“ sei. Als Behördenleiterin jedoch könne sie das in der Belegschaft und mit Blick auf die Motivation nur „ganz schwer vermitteln“. Die Kritik am BKV ist im Innenministerium bekannt. Eine andere Gewichtung von Deliktformen habe man geprüft, aber, so klingt durch, einen besseren Schlüssel habe man nicht gefunden. „Der Abbau kommt für Bochum nicht überraschend“, sagt Ministeriumssprecher Wolfgang Beus. Als einer von acht Schwerpunktstandorten profitiere das Präsidium von etwa 25 zusätzlichen Stellen. Hinzu komme eine besondere Unterstützung durch die Hundertschaften.
Keine Kriminalitätsbrennpunkte in Bochum, Witten oder Herne
Trotz des prognostizierten Personalschwundes will Wittmeier keine einzige Wache schließen. Außerdem wolle die Polizei weiter Präsenz auf den Straßen zeigen. Wittmeier verweist auf ein neues Konzept gegen Wohnungseinbrecher: Dabei werden Wohnviertel massiv durch zivile und uniformierte Kräfte begangen und kontrolliert. „Damit verdrängen wir Einbrecher.“
Wittmeier kündigte auch an, dass es weder in Bochum noch in Herne und Witten eine Videoüberwachung geben werde, weil es dort „keine Kriminalitätsbrennpunkte“ gebe. Auch nicht im Bochumer Bermuda-Dreieck. Dort gebe es zwei bis drei Straftaten pro Tag. „Das rechtfertigt eine Videoüberwachung nicht“, meint die Polizeichefin.