Bochum. 24 „Streetscooter“ sind auf Bochums Straßen unterwegs. Sie werden nicht von einem Verbrennungsmotor, sondern ausschließlich elektrisch angetrieben.

  • 24 DHL-Transporter werden nicht mehr von einem Verbrennungsmotor, sondern elektrisch angetrieben
  • Mittelfristig will das Unternehmen seine gesamte Flotte auf E-Mobilität umstellen
  • Das E-Mobil-Modell hätte auch in Bochum entwickelt werden können

Die Zukunft hat Donnerstagmittag begonnen. 16 DHL-Transporter, die eben noch als Fotomotiv vor dem Rathaus und auf dem Innenhof geparkt hatten, drehten am Nachmittag ihre ersten Runden in der Innenstadt. Das Besondere an ihnen steckt unter der Haube: Sie werden nicht mehr von einem Verbrennungsmotor, sondern ausschließlich elektrisch angetrieben.

Insgesamt 24 dieser Streetscooter setzt Europas größter Logistiker seit Donnerstag in Bochum ein, Ende des Jahres sollen es schon 65 und nächstes Jahr 166 sein, um dann die ganze Stadt CO2-frei zu versorgen. Bochum ist die erste Großstadt, in der DHL die schadstofffreie Paketlieferung realisiert.

Gesamte Flotte soll umgestellt werden

Mittelfristig will das Unternehmen seine gesamte Flotte auf E-Mobilität umstellen, wie Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes ankündigte. „Zum Ende des Jahres werden wir mit dem Einsatz von über 2000 Streetscootern das bislang größte E-Mobilitätsprojekt deutschlandweit realisiert haben.“ Nach Bochum soll das gesamte Ruhrgebiet „auf der letzten Meile“, d.h. vom Paketzentrum zum Kunden, mit den E-Mobilen ausgestattet werden. Andere Großstädte wie Köln werden noch in diesem Jahr folgen.

„Das höre ich gerne, dass wir vor Köln liegen“, scherzte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) bei der Vorstellung des Projekts, an der auch NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) teilnahm. Dass DHL mit dem Projekt auf Bochum zugekommen sei, signalisiere: „Wir wollen nicht nur Ermöglicher-Stadt sein, sondern können das auch konkretisieren.“ Dabei könnte die Stadt noch mehr sein als der zweite Ort nach Bonn, an dem DHL seine Pakete mit E-Mobilen zustellt. Es hätte vielleicht auch die Stadt sein können, in der die eingesetzten Elektromobile hergestellt werden.

Dem „BOmobil“ fehlte der letzte Schub 

Vor vier Jahren war das an der Hochschule Bochum gemeinsam mit Partnern aus der Industrie entwickelte „BOmobil“ im nahezu gleichen Entwicklungsstadium wie der nun von DHL verwendete Streetscooter, der an der RWTH Aachen ausgetüftelt wurde – ein 120 km/h schneller Pritschenwagen mit einer Reichweite von 150 km, zwei Radnabenmotoren und einer Ladekapazität von zwei Euro-Paletten.

Der entscheidende Unterschied: Bomobil-Partner Opel, mit dem es einen Liefervertrag unter anderem für das Fahrwerk und die Bremsanlage gab und in dessen Werk I in Laer das Auto der Zukunft hergestellt wurde, schloss Ende 2014 seine Tore. Damit war die Hoffnung auf eine Serienproduktion dahin, zumal die öffentliche Förderung des Baus einer Kleinserie mit 20 Fahrzeugen ausblieb. „Wir haben gekämpft dafür, dass wir den Produktionsstandort Bochum nicht verlieren“, erinnert sich Professor Michael Schugt vom Institut für Elek-tromobilität der Hochschule Bochum. Vergeblich. Heute gibt nur noch zwei Exemplare des Bomobils. Sie drohen zu verstauben, die zwischenzeitlich gegründete Westfälische Automobilwerk AG existiert nicht mehr.

Auch in Bochum wird an E-Mobilität gearbeitet

Indes: Der Elan der E-Mobilitätsexperten ist ungebrochen. Bomobil-Projektleiter Heinz Zöllner, der einst zehn Jahre als Ingenieur für Toyota in der Formel 1 tätig war, hat mit seinen Studenten an einem neuen Transport-Konzept gearbeitet – und das im neuen „Bo-Werk“ in Wattenscheid. Zusammen mit einigen Partnern, darunter Logistiker DB Schenker, entwickelten sie ein Elektro-Zugfahrzeug mit einem selbstangetriebenen Anhänger. „Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft der Elektromobilität ein verteilter Antrieb ist“, erklärt Prof. Friedbert Pautzke vom Institut für Elektromobilität.

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Der prämierte E-Laster fährt – oder besser gesagt, er fuhr. 2015 lief das Projekt aus, das, so Heinz Zöllner, „ein System für die Zukunft“ ist. „Wir sind ja keine Hersteller“, sagt Professor Pautzke. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, zu zeigen, was möglich ist.“

Nun könnte es aber sein, dass der Bochumer E-Mobilität über die internationale Hintertür der Durchbruch gelingt. Es gibt Gespräche mit der bolivianischen Universidad Privada del Valle. Dabei geht es um eine eigene Elektrofahrzeugproduktion mit einem Partner, in dessen Land es große Lithium-Vorkommen gibt. Aus den an beiden Hochschulen entwickelten Prototypen Guanaco-002 und Bomobil könnte das „Bomovil“ für den bolivianischen Markt entwickelt werden. Und wer weiß, vielleicht werden damit irgendwann einmal auch in Deutschland Pakete ausgeliefert. Vorerst aber erledigen das die Streetscooter aus Aachen.