Bochum. Die Tierschützer fordern ein Verbot der Taubenzucht. Der Bochumer Taubenzüchter Horst Grotthaus hat kein Verständnis für die Kritik.
- Die Brieftaubenzucht sei eine Qual für die Tiere, sagt Peta
- Die Treue der Tiere werden auf rücksichtslose Weise missbraucht
- Bochumer Taubenzüchter entgegnet der Kritik deutlich
Elf Brieftauben flattern im Verschlag, links die Weibchen, rechts die Männchen. Und mittendrin steht Horst Grotthaus. Die Tiere, insgesamt 50 Stück, sind sein ganzer Stolz. „Der da“, sagt er und zeigt auf ein stattliches Männchen, „der hat in dieser Saison schon sieben von acht Touren gewonnen.“
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Im nächsten Jahr betreibt Horst Grotthaus die Taubenzucht schon sechzig Jahre. „Die Tauben sind meine Aufgabe“, sagt der 76-Jährige, „bei Wind, bei Wetter, ob warm, ob kalt, ich komme jeden Morgen um sechs Uhr hier raus, um die Tiere zu füttern und sie fliegen zu lassen.“ Mit den Jahren haben seine Tauben jede Menge Erfolge erflogen, in Grotthaus´ Laube hängen die Urkunden dicht an dicht.
„Der Brieftaubensport ist ein rücksichtsloser Zeitvertreib und widerspricht aus unserer Sicht dem Tierschutzgesetz.“, sagt Vanessa Reithinger, Fachreferentin für Wildtiere bei der Tierschutzorganisation Peta. „In der Regel werden die Tauben bewusst von ihren Partnern oder der Brut getrennt, damit sie aus Sehnsucht schneller zu ihrem Heimatschlag zurückkehren. Die Treue und das Orientierungsvermögen der Tiere werden auf rücksichtslose Weise missbraucht“, fügt sie hinzu und verweist auf einen Verstoß des Tierschutzgesetzes, da viele Vögel auf den anstrengenden Flügen an Dehydration, Hunger, Erschöpfung und Verletzungen sterben würden.
400 Kilometer Flugstrecke an einem Tag
Horst Grotthaus ist auf solche Vorwürfe gar nicht gut zu sprechen: „Die Tauben sind doch fürs Fliegen geboren, denen würde was fehlen“, schnaubt er. Wie viel er und andere Taubenzüchter in ihre Tiere investierten, das erkenne keiner an. „ich bin Trainer einer Marathonmannschaft, die ich jede Woche aufbauen muss und um deren Gesundheit ich mich sorge. Ich verstehe diese Vorwürfe nicht“, sagt er, „wir quälen unsere Tiere ja nicht.“
Gemeinsam mit seiner Frau lebt der ehemalige Angestellte des städtischen Tiefbauamtes, in einer Seniorenanlage, unweit seines Taubenschlags in Weitmar. 1957 hatte er „das Hobby des kleinen Mannes“, wie er es nennt, von seinem Vater, einem Bergmann übernommen. Seither schickt er jedes Jahr an jedem Wochenende von Mitte April bis Mitte September seine Brieftauben auf die Reise. Zu Beginn der Saison auf eine Strecke von 50 Kilometern, im Laufe der Wochen immer mehr. „Wie sie nach Hause finden, das weiß kein Mensch“, lächelt der Rentner. An diesem Samstag fliegen die Tiere 400 Kilometer. Dafür werden alle Vögel des örtlichen Regionalverbandes in einem Laster gesammelt und zum Ort des so genannten Auflasses gebracht.
Trennen von den Jungen zum Üben
Sonntagmorgens sitzt Horst Grotthaus dann in seiner Laube und wartet auf die zurückkehrenden Tiere. „Zehn Stück sind mir in dieser Saison schon verloren gegangen“, sagt er wütend. „Und acht, als ich im Winter und Frühling mit den Tauben rund um den Verschlag das Fliegen und Zurückkommen geübt habe. Alle wurden von Greifvögeln geholt.“ Für dieses Üben trennt der Züchter die Tiere von ihren Jungen, um einen Anreiz zum Zurückkehren zu schaffen. Wenn sie schließlich auf die Reise gehen, sei die Brut jedoch bereits ausgewachsen, erklärt er.
„Ich glaube nicht, dass das den gesetzlichen Bestimmungen widerspricht, sonst würden die Veterinärämter einschreiten“, sagt auch Dr. Martin Schmidt, Tierschutzbeauftragter an der Ruhr-Uni. Er geht davon aus, dass die Rückkehr der Tiere deren normaler Biologie entspricht.