Bochum. Der syrische Pianist Aeham Ahmad schuf mit seinem Klavier im Flüchtlingslager den „Soundtrack der Zerstörung“. Gastauftritt in der „Trompete“.

Es treffen Welten aufeinander, und finden zusammen, wenn der palästinensisch-syrische Pianist Aeham Ahmad auf den Tasten seines Klaviers kraftvolle Melodien spielt. So wird Beethoven tanzbar, und tanzbare Rhythmen führen zu Tränen. „Tolle Musik“, sagt Konzertbesucher Khaled Al Rifai in der „Trompete“ an der Viktoriastraße. „Nur leider kann man nicht tanzen, wenn man den arabischen Text versteht. Es geht um getötete Kinder, Bomben, Krieg.“

Aeham Ahmad hat das erlebt, die Zerstörung, den Tod. In Syrien wuchs er in dem palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk in Damaskus auf. Mitten im Krieg holte er sein Klavier auf die Straße – und spielte. Es gibt Filmaufnahmen von diesem kraftvollen Einsatz, die ihn an einem Klavier auf Rollen zeigen, umgeben von Kindern, umgeben von Trümmern. Zwischendurch fallen Schüsse.

Über die sozialen Medien waren diese Bilder weltweit zu sehen. Ahmads musikalischer Einsatz wurde als „Soundtrack der Zerstörung“ bezeichnet. Ein Sound, der Hoffnung, aber auch Wut in sich trägt.

Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden und Freiheit

In der Trompete steht er zusammen mit der griechischen Flamencosängerin Yota Baron und den syrischen Gitarristen Abdou Khalil und Ahmad „Rafaeloo“ Balhawan aus Weimar auf der Bühne – auf Einladung des World Beat Club Bochum in der Reihe „Beat Changes“.

Ahmad erhielt im Dezember 2015 über seine Musik den erstmals vergebenen Internationalen Beethovenpreises für Menschenrechte, Frieden und Freiheit; auf deutschen Festivals spielte er vor Zehntausenden. Aber eine Anerkennung als Asylsuchender hat er bis heute nicht. Über die Balkanroute ist er nach Deutschland gekommen. „Meine Frau und meine beiden Kinder sind noch in Syrien. Ich habe große Angst, dass sie dort sterben.“ Seine Sorgen teilen viele in der „Trompete“. „So ist das bei unseren Veranstaltungen“, sagt Mersiha Pecenkovic, Vorsitzende des World Beat Club. „Wir tanzen und haben Spaß – und gleichzeitig sind viele traurige Erlebnisse in unseren Köpfen, die wir nicht so einfach ausblenden können.“

„Musik verbindet“, sagt Claudia Marques vom World Beat Club, die auch in einem Geflüchteten-Chor des Schauspielhauses mitsingt. „Und wir bringen Menschen zusammen, die dieses Motto teilen.“ Toto Heymann von der Bochumer Band „The Freedes“ ist zusammen mit zwei Freunden aus Syrien in den Bochumer Club gekommen. „Wir waren heute mal wieder vergeblich auf Wohnungssuche“, erzählt er. „Aber an diesem Abend habe ich die Ehre, dass Aeham Ahmad auf meinem Klavier spielt. Ist das nicht toll?“