Bochum. Die Älteren plagt ihre kärgliche Rente, Jüngere geraten beispielsweise wegen ihrer Handyverträge früh in die Schuldenspirale. Beratung kann helfen.
Der Briefkasten ist der bedrohlichste Ort in den eigenen vier Wänden: Dort lauern sie, die Mahnschreiben der Inkasso-Unternehmen, die ganz normalen Rechnungen für Handy, Strom und Krankenversicherung oder, wenn es ganz schlimm läuft: die Ankündigung der Erzwingungshaft.
Es ist kein Wunder: „Überschuldung macht krank. Und Krankheit kann in die Überschuldung führen“, sagt Kim Redtka von der Verbraucherzentrale NRW. Sie muss es wissen, schließlich berät sie Schuldner in Bochum. Mit der Aktionswoche „Schulden machen krank, Krankheit macht Schulden“ will die Verbraucherzentrale auf dieses Problem aufmerksam machen.
Schulden sind eine große Belastung
„Wir wollen zeigen, was Schulden für eine Belastung darstellen“, erklärt Schuldnerberater Adrian Rosin. Dafür beruft er sich nicht nur auf eigene Erfahrungen, sondern auch auf wissenschaftliche Studien: Die Uni Mainz habe nachgewiesen, dass kranke Menschen anfälliger für Schulden sind. Und wer erst einmal verschuldet ist, und kein Geld mehr für die Krankenkasse hat, rutscht in die sogenannte Notversorgung ab. „Manche haben über Jahre keine normale Versorgung“, so Rosin. Aus Sicht der Verbraucherzentrale muss sich da dringend etwas ändern.
Den typischen Schuldner gibt es nicht
Wer gerät eigentlich in die Überschuldung? Und aus welchen Gründen? „Die Hauptursache sind nach wie vor Krisen, zum Beispiel der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Scheidung“, erklärt Kim Redtka. Doch den typischen Schuldner gebe es nicht: „Es hat sich auseinanderentwickelt: Altersarmut spielt inzwischen eine große Rolle und wir haben es auch immer mehr mit jüngeren Leuten zu tun“, so Rosin.
Die Alten plagt ihre kärgliche Rente, Jüngere geraten beispielsweise wegen ihrer Handyverträge früh in die Schuldenspirale. Dazu kommen Angebotsstrukturen, die vor einigen Jahren noch nicht so verbreitet waren wie heute, zum Beispiel Ratenzahlung: „Schulden gehören zum Alltag dazu. Heute ist doch eher ungewöhnlich, wenn man sein Auto auf einen Schlag bezahlt“, sagt Redtka.
Beratung soll Schuldnern helfen
Helfen soll der Gang zur Schuldnerberatung. Die können oft Licht in den Dschungel der Mahnforderungen bringen. Ein Haftbefehl wegen nicht gezahlter Schulden sei zum Beispiel nur eine absolute Ausnahme, so Redtka. „Aber die Angst vorm Gefängnis ist da und manche Inkasso-Firmen nutzen das, um Druck auszuüben.“
Oft hilft schon die klare Sicht, das geht auch aus einer Umfrage der Verbraucherzentralen NRW hervor, an der sich 242 Schuldner beteiligten. Vor der ersten Beratung, gab der überwiegende Großteil an, sei die seelische Belastung enorm gewesen. Schon nach dem ersten Beratungsgespräch habe sich das verändert, gaben die Befragten an. Womit noch nicht alle Probleme gelöst, aber der erst Schritt getan wäre.