Bochum. . Fotograf Max Brunnert hat fürs neue Spielzeitheft einen Blick hinter die Kulissen geworfen – und zeigt den ganz normalen Theaterwahnsinn.
Einer kämpft mit dem Mischpult, ein anderer richtet den Ton ein. Der Gewandmeister näht einen Anzug, der Dramaturg rauft sich die Haare, die Reinigungskraft macht Klarschiff, die Hauptdarstellerin huscht über den Flur – und um 15 Uhr trifft sich alles in der Kantine auf ein belegtes Brötchen.
Es sind selten gesehene Innenansichten aus dem ganz normalen Alltag des Schauspielhauses, die in einer 65-seitigen Fotoreportage im neuen Spielzeitmagazin des Schauspielhauses zu finden sind, das soeben druckfrisch erschienen ist.
Aufgenommen hat die vielen Fotos der in Düsseldorf lebende Fotograf Max Brunnert, der drei Tage lang von früh bis spät mit der Kamera durchs Theater zog und sämtliche Abteilungen des Hauses vor die Linse bekommen hat. „Ich konnte mich vor Eindrücken gar nicht retten“, sagt der 28-jährige Fotograf. „Das sind mindestens 1000 Geschichten, die da ablaufen. Absolut traumhaft.“
Von 4 Uhr früh bis 1.30 Uhr am nächsten Tag
Max Brunnert studierte Fotografie an der FH Dortmund und fertigt als freier Fotograf u.a. Essays für Magazine oder Bilder für Hefte von Unternehmen. Er macht Fotoporträts von unterschiedlichen Menschen wie einer Studentin, die ehrenamtlich Obdachlosen hilft, oder der Dombaumeisterin zu Köln – doch an einem Theater arbeitete er zuvor noch nie. „Das war Neuland“, sagt er. Anders als die versierten Theaterfotografen, die zuverlässig die Bilder zu den Premieren liefern, hat Brunnert also den neugierigen Blick von außen. Diese Frische, dieser Ansporn ist den Bildern anzusehen.
Brunnerts Aufgabe war, das Leben im Schauspielhaus mit seinen rund 300 Mitarbeitern so detailgetreu wie möglich abzubilden. Exemplarisch wird dies anhand eines Tages erzählt – von 4 Uhr früh bis 1.30 Uhr am nächsten Tag. Am Anfang und am Ende sitzt Nachtpförtner Wolfgang Welt am Empfang und liest einen Roman. Dass die Bilder natürlich nicht alle just an diesem einen Tag entstanden sind, liegt auf der Hand.
Wie einst Kaiser Franz
Max Brunnert zeigt die Auf- und Abbauten der Bühnenbilder, wirft einen Blick in die Werkstätten („das ist harte körperliche Arbeit“), in die Büros und auf die Probe mit Regisseur Eric de Vroedt und dem „Stiller“-Ensemble. Nachmittags und abends ist Vorstellung: erst „Däumelinchen“, dann „Don Karlos“ und „Der zerbrochne Krug“ – mit Marco Massafra, der ganz allein durch die leeren Kammerspiele schreitet so wie einst Kaiser Franz bei der WM 1990.
Aus den vielen Fotos, von denen es nur einige ins Spielzeitmagazin geschafft haben, soll am Ende der Spielzeit ein Buch entstehen. Ob es öffentlich verkauft wird oder nur als Geschenk an die Mitarbeiter zum Ende der Weber-Intendanz vergeben wird, ist noch nicht bekannt.
Übrigens: Einen Blick hinter die Kulissen kann jeder werfen. Die beliebten Führungen, die stets schnell ausverkauft sind, werden einmal im Monat sonntags angeboten.
Nächste Führung am Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr. Karten (5 Euro) an der Kasse: Tel. 0234 / 33 33 55 55.