Bochum. . 100 Unternehmer treffen sich auf Mark 51-7, dem früheren Opel-Werk. Dort sollen in der zweiten Hälfte 2017 erste Grundstücke zur Verfügung stehen.
Das Bild spricht Bände. Kaum haben die 100 Teilnehmer der Rundfahrt über das Industriegelände Mark 51-7, besser bekannt unter Opel Werk I, die beiden im ehemaligen Presswerk geparkten Reisebusse verlassen, zücken die meisten von ihnen Mobilfunkgeräte. Die mehr als 71.000 Quadratmeter große, ausgeweidete Halle mit den symmetrisch angeordneten mächtigen Stahlträgern liegt vor ihnen und bietet ein buchstäblich gigantisches Panorama.
Statt des infernalischen Getöses der Pressen, das über Jahrzehnte diesen Ort kennzeichnete und von dessen Gefahr noch die überall hängenden Schilder mit der Aufforderung zum Tragen von Ohrenschützern künden, herrscht – abgesehen vom Gemurmel der Besucher – Stille. Nur wenige Augen haben diesen Anblick zu Gesicht bekommen, noch weniger werden ihn in nächster Zeit sehen.
Die von den Arbeitgeberverbänden Chemie und Metall organisierte Besichtigungstour im Rahmen der Mitgliederversammlung beider Verbände und der von ihnen organisierten Unternehmergespräche ist die letzte, die das ehemalige Autowerk besichtigen konnte. „Ein Stück Industriegeschichte“; wie AGV-Geschäftsführer Dirk W. Erlhöfer zu Beginn gesagt hat. Bald werden die Hallen abgerissen, die ersten großen Bagger haben sich bereits über Teile der Energiezen-trale im Süden des Werksgeländes hergemacht.
Dachpappe wird abgetragen
Und auch das Haupttor 1 zwischen dem großen Parkplatz am Opelring und dem Verwaltungsgebäude D1, das wegen des Denkmalschutzes zunächst einmal stehen bleibt, ist Anfang nächster Woche vermutlich nicht mehr da. Dort, wo in Spitzenzeiten Tausende Arbeiter täglich ein und aus gegangen sind, rückte am Donnerstag ein Bagger dem Pförtnerhaus zu Leibe. Da derzeit noch erst die „baujahrstypischen Verunreinigungen“ beseitigt werden müssen, wie Prof. Dr. Rolf Heyer, Geschäftsführer des Mark-57-1-Eigners Bochum Perspektive, die Altlastensanierung beschreibt, verschwindet erst einmal die belastete Dachpappe in großen Säcken, die dann luftdicht verschlossen werden.
Es ist die Tiefe des Raumes, die die Besucher von Mark 51-7 fasziniert und die sie mit ihren Handys zu erfassen suchen – genauso wie die stummen Zeitzeugen an den Wänden: die Parole der Gewerkschaftliste Offensiv „der Zafira bleibt in Bochum“ oder die Aufforderung „Bitte sauber halten“ an einem Spülbecken.
Derweil hat die Zukunft längst begonnen – und das rasant im Vergleich zum üblichen Tempo bei der Reaktivierung einer Industriebrache. Ende 2014 hatte Opel die Autoproduktion in Bochum beendet, im Spätsommer war die Lackiererei abgerissen, waren sämtliche Maschinen entfernt worden.
Warten auf Angebote
Nächstes Jahr beginnt DHL mit dem Bau seines Megapaketzentrum, ab der zweiten Jahreshälfte 2017 werden auch Flächen für weitere Unternehmen zur Verfügung stehen, so Perspektive-Geschäftsführer Heyer. „Ich bin jetzt seit 26 Jahren im Brachflächenrecycling. Aber den Vorwurf, ihr seid zu schnell, höre ich zum ersten Mal.“
Sein Wink an die versammelte Unternehmerschar: „Wir bieten Flächen von 1500 bis 2000 qm an, aber auch solche mit einer Größe von zwei bis vier Hektar.“ Und für das Verwaltungsgebäude sei das Interessenbekundungs- und Bieterverfahren abgeschlossen. „Jetzt warten wir auf Angebote.“
Metall-Vorstand wiedergewählt
Als Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes (AGV) der Eisen- und Metallindustrie für Bochum und Umgebung wiedergewählt wurde Friedrich Wilhelm Wengeler bei der Mitgliederversammlung im ehemaligen Opel-Werk. „Die Eindrücke, die wir in den riesigen leeren Werkshallen und rund um die halb abgerissenen Gebäude gesammelt haben, werden noch nachklingen und sind stumme Zeugen der industriellen Geschichte dieses Standorts in Bochum“, so der Hattinger Unternehmer.
Abriss und komplette Umgestaltung böten jetzt die Chance zu einem Neustart mit der Ansiedlung profitabler Unternehmen mit hochwertigen Arbeitsplätzen. In die gleiche Kerbe schlug der als Gastredner der Unternehmergespräche geladene FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner, er sprach zum Thema „Warum Deutschland ein Update braucht“. Heftige Kritik äußerte er dabei in Richtung Landesregierung. Es gebe „nicht nur null Wachstum, sondern auch null Ideen“.
Bei den Vorstandswahlen des Metall-Verbandes wurden derweil die beiden stellvertretenden Vorsitzenden Rüdiger Oostenryck (Bochumer Eisenhütte Heintzmann GmbH & Co. KG) und Dirk Linnepe (Breuer-Motoren GmbH & Co. KG, Bochum) ebenso wiedergewählt wie das Vorstandsmitglied Christian Vogelsang von der Vogelsang Elektromotoren GmbH, Wattenscheid.