Bochum. Beim neunten Blitz-Marathon setzt die Bochumer Polizei auch auf Abschreckung. Als Kontrollpunkt wählte sie bewusst den Ort eines Horrorunfalls. Zahl der erwischten Temposünder ist rückläufig.
Holger Kniffke hat sie alle im Blick. Schon in 500 Metern Entfernung kann der Hauptkommissar der Bochumer Polizei Fahrzeuge mit seiner Radarpistole erfassen. Hat er den Eindruck, dass jemand zu schnell unterwegs ist, drückt er ab und bekommt die Geschwindigkeit auf seinem Gerät angezeigt. 72 Kilometer pro Stunde, Zugriff. „Könnt ihr mal den weißen Kastenwagen anhalten?“, ruft Kniffke seinen Kollegen zu, die sofort die rote Kelle zücken.
Beim neunten „Blitz-Marathon“ kontrollierte die Bochumer Polizei an vielen Stellen des Stadtgebietes die Geschwindigkeit der Kraftfahrer. So auch am Castroper Hellweg, Höhe Josef-Baumann-Straße. „Es werden jedes Mal weniger Fahrer auffällig“, berichtet Oberkommissar Carsten Turmann. Die Messstelle wurde nicht ohne Grund gewählt. Im Frühjahr 2014 hat sich hier einer der schrecklichsten Verkehrsunfälle der jüngeren Vergangenheit abgespielt. Der Grund: überhöhte Geschwindigkeit. Ein junger BMW-Fahrer bretterte mit 145 Stundenkilometern über den Hellweg, als er mit den Rädern gegen die Bordsteinkante geriet und die Kontrolle über den Wagen verlor. Das Auto prallte mit vollem Tempo gegen einen Fahrleitungsmast und wurde durch die Wucht in zwei Teile zerrissen. Der 30-jährige Fahrer verlor an diesem Tag sein Leben.
Bilder sollen abschrecken
Carsten Turmann hat Bilder von der Unfallstelle großformatig ausgedruckt. Er zeigt sie den angehaltenen Autofahrern zur Abschreckung. Ein Opel-Fahrer schaut betroffen und wird ganz leise. Er sei mit den Gedanken woanders gewesen. 30 Stundenkilometer über dem Tempolimit bringen ihm einen Punkt in Flensburg und eine Strafe von 100 Euro.
Hauptkommissar Siegfried Klein sieht es als Erfolg an, dass rund um den Blitzmarathon immer weniger Autofahrer durch erhöhte Geschwindigkeit auffallen. „Auch in den Tagen vor und nach dem Marathon sinken die Unfallzahlen“, sagt er. „Wenn die Leute wegen uns langsamer fahren, haben wir unser Ziel schon erreicht.“ Denn die Regeln der Physik könnten von keinem Menschen ausgehebelt werden. „Wenn Masse ab einer gewissen Geschwindigkeit auf andere Masse trifft, dann können dabei nur Tod und Zerstörung herauskommen.“
Studentinnen völlig verblüfft
Die angehaltenen Temposünder durften nicht nur die Fotos des Horrorunfalls beobachten, sie bekamen auch Anhaltewegberechnungsscheiben. Stellt man dort seine Geschwindigkeit ein, bekommt man angezeigt, nach wie vielen Metern man nach sofortiger Bremsung zum Stehen kommen würde.
„Gerade in 30er-Zonen erhöht sich der Bremsweg bei größerer Geschwindigkeit dramatisch“, erklärt Kommissar Siegfried Klein. „Für Kinder und Ältere bedeutet so ein Zusammenprall mit einem Auto häufig den Tod.“
Wir sind keine Heckenschützen
Völlig verblüfft gerieten zwei junge Studentinnen in die Kontrolle am Castroper Hellweg. Von einem Blitz-Marathon hätte sie nichts gehört, sagte die Fahrerin, die 21 Stundenkilometer zu schnell unterwegs gewesen war.
Eine originelle Ausrede präsentierte der Fahrer eines Mercedes Sprinter, der 15 Stundenkilometer zu schnell fuhr. „Vielleicht ist der Wagen zu schwer beladen, und ich bin deshalb zu schnell den Berg heruntergerollt.“ Ohne zu murren, zückte er die EC-Karte und zahlte die Strafe.
Dabei sind die Polizeibeamten mit ihren gelben Warnwesten schon aus weiter Entfernung zu erkennen. „Wir sind keine Heckenschützen, die aus einem Versteck zuschlagen“, betont Kommissar Klein.