Bochum. 1100 Stadt-Beschäftigte sollen umziehen, das BVZ abgerissen werden. Das schlägt die Verwaltung vor. Beauftragt ist die Studie „Vision Innenstadt “.

Die Tage des Bildungs- und Verwaltungszentrums (BVZ) am Gustav-Heinemann-Platz zwischen historischem und technischem Rathaus scheinen gezählt zu sein. Die Verwaltung wird der Politik in den nächsten Tagen eine Empfehlung zum Abriss des erst 1980 bezogenen, mittlerweile maroden Gebäudes vorlegen, in dem die Stadtbücherei, die Volkshochschule, Sozial- und Jugendamt untergebracht sind. Nach Schätzungen würde eine Sanierung etwa 140 Millionen Euro kosten. Geld, das sich die Kommune sparen will.

Zumal ein Neubau für die dort derzeit etwa 1100 städtischen Beschäftigten nicht geplant ist, die Erlöse eines Grundstücksverkaufs abzüglich der Abrisskosten sollen vielmehr „ein gutes Stück eines Restrukturierungsprozesses finanzieren“, so Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD). „Wir schlagen vor, mit den Verwaltungsdienstleistungen vornehmlich nicht mehr in eigenen Immobilien, sondern in angemieteten Verhältnisse entlang der Achse vom Technischen Rathaus über den Telekom-Block bis zum ehemaligen Justizzentrum zu entwickeln.“ Die Verwaltung sei damit dichter an den Menschen und flexibler bei seiner Flächennutzung.

Anstelle des BVZ im Appolonia-Pfaus-Park könne ein Wohnquartier errichtet werden. Ein Zeitplan soll Ende des Jahres vorgelegt werden. Unbeantwortet bleibt derzeit noch, was mit den in die Jahre gekommenen Gebäuden der Musikschule und des Gesundheitsamtes, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum BVZ liegen, geschehen soll.

Integriertes strategisches Handlungskonzept

Die Überlegungen sind Teil einer Strategie, die Stadtplanung und Wirtschaftsförderung gemeinsam vorantreiben und die unter der Überschrift stehen „Vision Innenstadt 2030 Bochum“. So lautet der Titel einer Ausschreibung, an der sich nach Auskunft von Ralf Meyer, Geschäftsführer der beauftragenden Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG), renommierte Büros mit Stadtplanern, Zukunftsforschern oder E-Commerce-Experten beteiligt haben, von denen noch vier in der engeren Auswahl seien. Binnen sechs Monaten nach der Vergabe soll im Dialog mit lokalen Akteuren ein Leitbild entstehen, das die Anforderungen an eine moderne Innenstadt im Hinblick auf Handel, Arbeit, Wohnen, Kultur oder Mobilität berücksichtigt und das Basis „einer Strategie zur Stadtentwicklung“ (Meyer) dienen werde. „Es ist notwendig, sich jetzt Gedanken über die Zukunft zu machen und da nicht irgendwie hineinzustolpern“, so OB Eiskirch. Eine Zielrichtung, die die IHK Mittleres Ruhrgebiet unterstützt: „Bochum braucht den Mut zu Visionen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik.

Rathaus-Ostflügel wird saniert

Die Sanierung des Ostflügels im historischen Rathaus ist eine der Maßnahmen, die aus dem 2015 vom Bund verabschiedeten Kommunal-Investitions-Förderungsgesetz finanziert werden soll. 42 Millionen Euro wurden Bochum aus diesem Topf zur Verfügung gestellt. Die Stadt muss zehn Prozent der Kosten einer Maßnahme beisteuern.

Nachdem bereits einige kleinere Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden, wird der Politik demnächst eine Prioritätenliste mit Großprojekten vorgelegt. Dazu gehört die Rathaus-Teilsanierung.

Dabei geht es um eine Initialzündung. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, eine erste gemeinsame Idee zu entwickeln, die wir dann mit den relevanten Stadtakteuren weiter diskutieren und umsetzen wollen“, sagt Stadtbaurat Bradtke. Münden soll das Leitbild in ein „Integriertes strategisches Handlungskonzept“, mit dem Bochum in den Genuss von Städtebauförderungsmitteln kommen könnte. Was die Vermarktung der BVZ-Fläche betreffe, biete sich ein Bestgebotsverfahren an. Kriterien bei der Vergabe wären neben dem Preis die architektonische Qualität und das Nutzungskonzept.

Mit Eigentümern im Gespräch 

Die Achse entlang der Viktoriastraße spielt für die Innenstadtplanung eine zentrale Rolle. Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Telekom-Blocks gegenüber dem historischen Rathaus, der in Besitz von Unternehmer Andor Baltz ist, und des alten Justizzentrums, das die Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft gekauft hat, spricht Stadtbaurat Markus Bradtke von einer „historischen Chance“. Und: „Entweder machen wir das jetzt oder müssen damit leben, dass andere ihre Projekte verwirklichen.“

Nachdem sich Überlegungen einer gemeinsamen Entwicklung der Komplexe zerschlagen haben – beide Eigner konnten sich nicht einigen -- eröffne sich nun die Möglichkeit, städtische Angebote wie Bücherei, VHS oder Ämter dorthin zu verlagern – vorausgesetzt, Stadt und Investoren einigen sich im Hinblick auf die architektonische Gestaltung sowie auf die Mietkonditionen. Nicht zuletzt die Frage, ob eine Mietvariante langfristig wirtschaftlich günstiger ist als eine Sanierung oder ein Neubau wird eine zentrale Rolle spielen, wenn die Politik über den Vorschlag entscheidet. Zahlen dazu liegen derzeit noch nicht vor. Aber mit beiden Eigentümer laufen bereits Gespräche darüber, „wie eine moderne Fläche aussehen kann“, sagt Wirtschaftsförderer Ralf Meyer. Möglich ist, dass die im Wettbewerbsverfahren vorgeschlagene drei- oder viergeschossige Bauweise sich noch verändert. Bradtke: „Ich könnte mir auch mehr vorstellen.“