Bochum.. Die Gründe für den Wandel in der „Renne“ sind vielfältig: Pleiten, Geschäftsaufgaben und die Angst vor der Großbaustelle im Sommer. Grund zur Besorgnis sei das nicht, sagen Stadt und Bochum Marketing
Geht die Kortumstraße im Bereich zwischen Bongard- und Brückstraße vor die Hunde? Diese Frage stellen sich derzeit viele Bürger angesichts der Zahl von Leerständen und Schaufenstern, in denen Schilder vom Räumungsverkauf künden.
Alles halb so schlimm, sagen indes professionelle Beobachter der Szene. Mit Blick auf die bevorstehende Sanierung des Abwasserkanals und Erneuerung nahezu aller Versorgungsleitungen nutzten Geschäftsleute und Immobilienbesitzer die Situation, um sich neu oder anders aufzustellen. „Für Veränderungen ist ohnehin eine geringe Leerstandsquote nötig“, sagt zum Beispiel Andreas Bentler von Bochum Marketing. Die Entwicklung im ältesten Teil der „Renne“ sei nicht besorgniserregend. „Die Renovierung einiger Läden erfolgt an mehreren Stellen Hand in Hand mit den Tiefbauarbeiten.“
„Die Lage beruhigt sich wieder.“
Bis zur Einrichtung der Großbaustelle werden aber noch Monate vergehen. Wie berichtet, hat die Stadt die Arbeiten neu ausgeschrieben, weil das Ergebnis des ersten Wettbewerbs nicht akzeptabel war. Doppelt so hoch wie geplant waren die Kosten, die die Bauunternehmen der Stadt in Rechnung stellen wollten. Es geht dabei um einen hohen sechsstelligen Betrag. „Eine derart drastische Überschreitung der Kosten war nicht zu akzeptieren“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. Die Kosten für den Kanalbau würden schließlich alle Bochumer Bürger belasten, da sie über die Abwassergebühren refinanziert werden.
Auch Bradtke wertet die Entwicklung in der unteren Kortumstraße nicht als Krise, sondern spricht von einer üblichen „Umstrukturierung am Rand der Fußgängerzone“. Bochum sei nach wie vor für den Handel attraktiv. Dass Geschäftsleute vor der Baustelle flüchteten – Mitarbeiter von Zoo Papesch begründeten gegenüber der WAZ so ihren geplanten Umzug Richtung Norden, sei nicht ungewöhnlich. Bradtke: „Nach der Baustelle beruhigt sich die Lage wieder.“
Skepsis bei Citypassage
Etwas skeptischer sieht Bradtke die Zukunft der Citypassage. Für eine gute Entwicklung fehle es dort vor allen Dingen auf der anderen Seite an der Hans-Böckler-Straße an einem großen Magneten. Rathaus und BVZ erfüllten diese Funktion nicht. Das Aus für die Wok-Show am Eingang Kortumstraße dokumentiert das Problem.
Mit Leerständen zu kämpfen haben auch die Zentren Drehscheibe und Citypoint. „Die müssen sich neu erfinden“, sagt Bradtke. Hier werde deutlich, dass vorwiegend attraktive Lagen im Erdgeschoss wichtig seien. Die Arztpraxen im 4. Obergeschoss seien ein Hinweis auf mögliche künftige Strukturen. „Wir wollen nichts beschönigen, die oberen Geschosslagen sind schwierig“, bestätigt Centermanager Martin Schröter. Die Zukunft liege aber sicher nicht in einem Ärztehaus. Es gebe für die oberen Etagen aber Ideen für „Entertainment-Lösungen“ und „einen Indoor-Spielplatz mit Kinderbetreuung“. Schröter: „Dafür müssen wir aber einen Partner finden.“
Die Bochumer CDU fordert City-Konzept
Die CDU-Ratsfraktion sorgt sich um die Innenstadt. Mit Blick auf die Entwicklungen in Essen und Dortmund und dem neuen Ruhrpark müsse sich das Bochumer Zentrum dringend neu aufstellen. „Für die City muss“, so Fraktionsvize Roland Mitschke, „eine Vision entwickelt werden, wie zum Beispiel in 15 bis 20 Jahren eine Attraktivität erreicht werden kann, die allen Anforderungen eines modernen Großstadtzentrums entspricht.“
Neun Jahre nach der Entscheidung, das Justizzentrum an den Ostring zu verlagern, sei „immer noch nicht absehbar, welche Gestaltung und Nutzung das derzeitige Justizareal demnächst haben wird. Unklar ist auch die Zukunft des Telekomblocks“, so die CDU. Wie berichtet, gibt es Pläne bei der Stadt, Stadtbücherei und Volkshochschule in die neuen Strukturen einzubinden. „Auch ein Blick in Citypoint und Drehscheibe zeigt Handlungbedarf“, sagt Mitschke.
Die CDU fordert daher einen Masterplan, der alle Angebote in den Bereichen Einzelhandel, Büro und Dienstleistungen, Wohnen, Freizeit, Hotel- und Gastronomie, Aufenthaltsqualität und Verkehrsanbindung kritisch auf den Prüfstand stellt und neue Ziele für die Kommunalpolitik, die Wirtschaft und die Eigentümer aufzeigt. Einen entsprechenden Antrag brachte die Fraktion in der letzten Ratssitzung ein. Er wurde an die Fachausschüsse verwiesen.
Zwei Schuhläden eröffnen im März auf der Kortumstraße
Die polnische Schuhmode-Kette CCC Germany will am 24. März eine Filiale an der Kortumstraße 95 eröffnen. Zuletzt firmierte dort Strauss Innovation. 15 Mitarbeiter werden auf einer Fläche von 700 Quadratmetern CCC-Produkte verkaufen „Wir arbeiten mit eigenen Designern zusammen und vertreiben Schuhe aus eigener Produktion“, so Marketing-Spezialistin Jagoda Zeis.
Das Unternehmen ist in Deutschland auf Expansionskurs. Die Bochumer Filiale wird die 57. in Deutschland sein. Erst 2013 wurde die erste in Nürnberg eröffnet.
Bereits am 10. März will an der Kortumstraße 75 der Essener Schuhhändler Deichmann seine frisch renovierte Filiale eröffnen. Kunden erwartet ein völlig neues Ladenkonzept auf 1400 Quadratmetern (inkl. Lager). 17 Arbeitsplätze gibt es. Deichmann hat insgesamt vier Filialen in Bochum.