Bochum. . 200 Jahre gibt es die Technische Fachhochschule Georg Agricola. Claudia Ernst ist die erste Frau, die eine ingenieurwissenschaftliche Professur inne hat.

Die Welt der Kohle und des Bergbaus ist männlich. Früher stimmte der Satz ohne Einschränkungen. Frauen waren für die Arbeit unter Tage durch eine Übereinkunft der Internationalen Arbeitsorganisation im Jahr 1935 ausgeschlossen. Eine kleine Revolution ereignete sich dann im Wintersemester 1975/76 an der Fachhochschule Bergbau, heute Technische Fachhochschule Georg Agricola.

Da schrieben sich die ersten fünf jungen Frauen als Vermesserinnen ein. Inzwischen gibt es viele Frauen, die sich in diese Männerdomäne begeben. Aktuell sind von den 2261 Studierenden der TFH Georg Agricola 276 weiblich. Zwölf Prozent. Immerhin. Bei der Besetzung der Professorenstellen ist die Fachhochschule von dieser Zahl weit entfernt. 37 Stellen gibt es. Eine hat eine Frau inne: Dr. Claudia Ernst.

Erste ingenieurwissenschaftliche Professur für eine Frau

Seit dem Wintersemester 2013/2014 lehrt sie Werkstofftechnik und Werkstoffinformatik an der ältesten Hochschule der Stadt und bringt ihren Studierenden bei, wie sie Hightech-Materialien für High-Tech Produkte entwickeln. Zum ersten Mal in der fast 200-jährigen Geschichte der TFH hat seitdem eine Frau eine ingenieurwissenschaftliche Professur inne.

Dass sie die erste Frau in einer solchen Position war, fand sie seinerzeit durchaus als „zu spät“. Sie war da schon der Meinung, dass „das der TFH schon viel früher gut getan hätte“. Dass es fast 200 Jahre gedauert habe, bis eine Frau als Professorin an der TFH lehrt, sei natürlich sehr schade. Deswegen versuche sie, besonders den Studentinnen ein gutes Vorbild zu sein „und sie zu einer Karriere in der Forschung oder der Industrie zu motivieren“.

Gerade im Bereich Materialwissenschaften würden die Chancen gut stehen, sagt Ernst: „Die Jobs sind technisch anspruchsvoll und gut bezahlt – davon wollen auch immer mehr Frauen profitieren.“ Das zeigt sich auch im Seminarraum: Rund ein Viertel der angehenden Materialwissenschaftler an der TFH sind Frauen.

Sachgebietsleiterin bei Thyssen

Ernst war in ihrem Studien- und Berufsleben immer unterwegs in männerdominierten Umgebungen. Als Maschinenbaustudentin an der Ruhr-Universität ebenso wie später bei Thyssen in Krefeld als Sachgebietsleiterin im Qualitätswesen- wo sie quasi „nebenbei“ ihren Doktor machte - und als Leiterin Forschung und Entwicklung bei den Deutschen Edelstahlwerken in Witten, wo sie weitere zehn Jahre in der Industrie verbrachte. Ihr Vater hatte noch bei der Verkündung des Studienwunsches seiner in Mathematik und Chemie hervorragenden Tochter gefragt: „Wie kommst Du denn darauf?!“

Drahtseile werden auf Verschleiß geprüft

Den Studiengang „Angewandte Materialwissenschaften“ gibt es erst seit 2009 an der TFH. Das Thema beschäftigt die TFH aber wesentlich länger.

Um Drahtseile auf Verschleiß, Korrosion, Verformungen, Brüche kontrollieren zu können, installierte man 1903 eine 250-Tonnen-Seilzerreißmaschine.