Bochum. Vom Reparaturbetrieb für Bergbaumaschinen zu einem der weltweit führenden Produzenten von Kupplungen hat sich die Bochumer Firma entwickelt.
Die Blumen sind nicht für den Chef. Bei „Reich Kupplungen“ haben sie in diesen Tagen zwar den 70. Jahrestag der Firmengründung gefeiert. Aber die im Empfangsbüro deponierten Topfblumen sind für die weiblichen Mitarbeiter bestimmt. Weltfrauentag. Und da sagt es Herwarth Reich seinen Angestellten gerne durch die Blume.
Überhaupt lassen er und sein Sohn Christian Reich, der seit zweieinhalb Jahren neben seinem Vater die Geschäfte des Kupplungsherstellers leitet, keinen Zweifel daran, wer einen wesentlichen Anteil an der Erfolgsgeschichte ihres Unternehmens hat: „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sich ein Bochumer Unternehmen am Weltmarkt erfolgreich behaupten kann. Dies verdanken wir der Innovationskraft unserer Ingenieure und der Motivation aller unserer Mitarbeiter.“
Internationale Bedeutung
Vom Reparaturbetrieb für Bergbaumaschinen zu einem der weltweit führenden Produzenten von Kupplungen hat sich Reich in den vergangenen sieben Jahrzehnten entwickelt. Was 1946 an der Ewaldstraße im Ehrenfeld begann und sich mit dem ersten großen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte, dem Umzug an die Vierhausstraße in Grumme fortsetzt, hat längst internationale Bedeutung.
Zwar ist Deutschland weiterhin der wichtigste Absatzmarkt. Aber im Rekordjahr 2014, als vor allem der Fracking-Boom in den USA die Nachfrage nach Reich-Kupplungen in bis dato unerreichte Höhen schnellen ließ, betrug der Anteil des internationalen Geschäfts schon 60 Prozent. Für den Familienbetrieb wird es immer wichtiger, sich in der Fremde zu positionieren.
Geringe Lohnkosten im polnischen Werk
Acht Tochtergesellschaften in den USA, China, Korea, Indien, den Niederlanden und Großbritannien sowie 18 Vertriebspartner sind mittlerweile für den weltweiten Vertrieb zuständig. Dazu kommt ein eigenes Werk im polnischen Bytom. Dort hat Reich die zunächst angemieteten Hallen mittlerweile verlassen und produziert seit 2013 in einem eigenen modernen Werk, das zwei handfeste Vorteile gegenüber dem deutschen Standort hat: die Möglichkeit, rund um die Uhr zu produzieren, und geringere Lohnkosten.
Dort werden noch intensiver als bislang schon sogenannte „Low-cost“- (niedrige Kosten) oder „Good-enough-Produkte“ (gut genug) hergestellt – etwa für den indischen Markt, solange Reich dort noch nicht selbst produzieren lassen kann; was im übrigen offenbar nur noch eine Frage der Zeit ist.
Günstiger und gut genug für nicht ganz so hohe Ansprüche. „Das sind abgespeckte Varianten unserer Spitzenkupplungen“, erklärt Christian Reich, der seit seinem Eintritt in die Geschäftsleitung das internationale Geschäft vorangetrieben hat. Die günstigeren Produkte richten sich an Kunden, denen etwa die große Langlebigkeit von Kupplungen nicht ganz so wichtig ist wie etwa den Kunden in Westeuropa, in Russland oder den USA.
In Asien sind die Ansprüche anders als in Europa
Derzeit überlegen sie an in der Firmenzentrale, ob sie ein weiteres Stück auf dem Weg der Internationalisierung gehen wollen. Der Iran verspricht ein spannender Markt zu werden. „Wir sind darüber in Gesprächen“, sagt Herwarth Reich. Sinn mache ein Engagement nur, wenn man als einer der ersten auf dem Markt ist. Wobei die Zahl der großen internationalen Player im Kupplungsgeschäft überschaubar ist. Und: Sie sind zu Hause in einem Umkreis von 150 Kilometern um Bochum herum.
In Herne etwa ist der Standort von Vulkan, dem Weltmarktführer für Kupplungen für Schiffe. Reich besetzt andere Felder, ist etwa deutscher Marktführer für Kupplungen in Nutzfahrzeugen und Aggregaten zur Stromerzeugung.
Standorte tauschen sich aus
Je weiter das Unternehmensnetz gespannt, desto mehr Wert legt der Senior auf einen intensiven Austausch untereinander. Vor zwei Wochen waren erstmals Vertreter aller internationalen Vertriebstöchter übers Wochenende zu Gast an der Vierhausstraße.
„Es ging um einen Erfahrungsaustausch und darum, sich kennen zu lernen“, so der Senior-Chef. Zweimal im Jahr soll die Runde künftig zusammen kommen, um Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu profitieren. Demnächst steht auch wieder das Treffen aller Vertriebspartner an.
„Das ist ein spannendes Geschäft geworden“, sagt Herwarth Reich, der nach dem Tod seines Vaters 1977 die Leitung übernommen und den Familienbetrieb zu heutiger Größe weiter entwickelt hat.
Eine der Erfahrungen: die unterschiedlichen Ansprüche auf dem Weltmarkt. In Asien gehe es um große Stückzahlen und günstige Konditionen, in Europa und den USA ziehe vor allem europäische Qualität. Beides will Reich möglich machen. „Ein Ziel für die nächsten Jahre ist es, unser Produktportfolio so zu erweitern, dass man in den Low-cost-Ländern erfolgreich sein kann“, sagt Christian Reich. So wird das Unternehmen wohl auch 100.