Bochum. Der amtierende Leiter der Ruhrtriennale folgt ab 2018/19 am Schauspielhaus auf Anselm Weber. Der Niederländer verspricht ein „Theater ohne Grenzen“.

„Die Schauspielhaus ist ein Sehnsuchtsort für mich!“ – Johan Simons (69), amtierender Intendant der Ruhrtriennale, übernimmt 2018/19 die Leitung des Bochumer Theaters. Der Niederländer verspricht für seine auf fünf Jahre angesetzte Amtszeit „Theater ohne Grenzen, in jeder Hinsicht.“

Unter großem medialen Interesse wurde Simons am Freitagnachmittag (5.2.) vorgestellt. Der Verwaltungsrat des Schauspielhauses hatte zuvor den Vorschlag seines Vorsitzenden, Kulturdezernent Michael Townsend (SPD) einstimmig angenommen. Townsend ging auf den langen Suchprozess ein, der auch kritisch gesehen worden war. „Gut Ding will Weile haben, denn für uns kam nur eine erstklassige Lösung in Frage, und die haben wir gefunden.“ Es habe keinen Sinn gemacht, einen solch wichtigen Beschluss unter Zeitdruck zu fassen. „Schließlich entscheiden wir über die Zukunft eines der größten deutschsprachigen Theater.“

Ein Jahr Übergang

Der renommierte Regisseur Johan Simons, dessen voraussichtliche Ernennung die WAZ bereits am Mittwoch gemeldet hatte, leitet derzeit mit großem Erfolg die Ruhrtriennale. Dort ist er bis Herbst 2017 gebunden, weshalb er am Schauspielhaus erst 2018/19 antreten wird. Da Anselm Weber nach der Spielzeit 2016/17 wechselt, tut sich eine Kluft von einem Jahr auf; als Interimsintendant soll Chefdramaturg Olaf Kröck gemeinsam mit dem künstlerischen Betriebsdirektor Stephan Wasenauer die Geschicke des Schauspielhauses leiten.

Selbstbewusste Wahl

Als Anselm Weber seinen Abgang verkündete, war das ein Schock für Bochums Kulturverantwortliche. Und „Was nun?“ die Frage aller Fragen. Es brauchte neun Monate, um eine Antwort darauf zu finden: Johan Simons!

Es ist eine kraftvolle, selbstbewusste Antwort. Einen so renommierten Mann, wie Simons es unbestritten ist, für das unter finanziellem und künstlerischem Druck stehende Stadttheater gewonnen zu haben, zeugt weniger von Überredungskunst als von Überzeugungskraft. Man darf gespannt sein, wie der Niederländer mit dieser Herausforderung klarkommt.

Dass die lastende Tariferhöhung ab 2017 auf einmal offenbar vom Tisch ist, zeugt schon von einigem (Verhandlungs)-Geschick. Dass Simons bei Dienstantritt bereits 72 sein wird, spricht nicht gegen ihn. Er ist ein Mensch mit Power, ein Vollblut-Theatermacher, immer – auch gedanklich – in Bewegung. Er kann diese Aufgabe stemmen, das darf man ihm zutrauen.

Wenn es Simons gelänge, das Schauspielhaus überregional wieder leuchten zu lassen, hätte auch Bochums Kulturdezernent alles richtig gemacht. Wenn nicht, wird man Townsend dereinst vorhalten, er habe beizeiten den drängenden Generationswechsel an der Spitze von Bochums Theater verschlafen.

Jürgen Boebers-Süßmann

Simons betonte, er möchte das Schauspielhaus, das er schon als Student besucht habe, zum Vorreiter eines neuen europäischen Theaters machen: „Ich will ein Theater mit nationaler und internationaler Ausstrahlung!“ Simons sieht Bochum zukünftig als Partner eines Theaternetzwerks mit dem NT Gent (Belgien) und dem sich in Gründung befindenden Theater Rotterdam (NL); an beiden Häusern ist Simon künstlerischer Direktor.

Tariferhöhungen offenbar vom Tisch

Der Niederländer sprach von einer „Drei-Länder-Plattform“ für junge Theatermacher/innen. Bochum werde bei aller internationalen Ausrichtung das Zentrum seiner künstlerischen Arbeit sein. Simons sagte, er verstehe das Ensemble als Kern des Theaters und er wolle „einige der besten deutschsprachigen Schauspielerinnen und Schauspieler“ an Bochum binden.

Die auf dem Theater lastenden Tariferhöhungen ab 2017, mit denen Anselm Weber letztlich seine Demission begründete, sind mit dem neuen Mann offenbar vom Tisch. Townsend sagte öffentlich, dass, abgestimmt mit dem Rat, „eine Regelung für das Thema Tarifsteigerungen“ gefunden werden soll.