Bochum. Weil der Zuweg zum Grundstück angeblich zu steil ist, will der Umweltservice Bochum bei einer Familie in Weitmar die graue Tonne nicht mehr leeren.
Als Dienstleister weiß Rüdiger Elias: Kundenfreundlichkeit ist oberstes Gebot. Die vermisst der Chef einer Gebäudereinigungsfirma in Weitmar beim Umweltservice Bochum. Der USB kündigt an, seine graue Tonne demnächst nicht mehr zu leeren. Grund: Die Müllwerker müssten dafür eine unzumutbare Steigung überwinden.
Bald 60 Jahre alt ist das Wohnhaus Am Schamberge 3, das die Großmutter von Rüdiger Elias gebaut hat. In seinem Elternhaus lenkt der 47-Jährige nicht nur seinen Betrieb mit 34 Mitarbeitern. Hier ist er mit Ehefrau Barbara und den beiden Töchtern (16 und 18) auch zuhause. Ein gepflasterter Anstieg führt zum Haus und zum Vorplatz, auf dem die Mülltonnen stehen. „Die Zuwegung ist im Zuge von Um- und Anbauten im Laufe der Jahrzehnte dreimal abgeflacht worden, zuletzt 2008, und weist jetzt ein Gefälle von zwölf Prozent auf“: So zumindest hat es der Unternehmer selbst ausgerechnet.
„Es kann ja nicht jeder Mathe als Leistungskurs gehabt haben“, kommentiert er die jüngsten Berechnungen des USB, nach denen die Steigung hoch zu den Tonnen „über 20 Prozent“ beträgt. Das sei bei einer Überprüfung des Transportweges festgestellt worden, schreibt die „Behälterverwaltung“ des USB in einem Brief an Elias.
USB verweist auf Stadt-Satzung
Dass dieses Schreiben just an Heiligabend im Briefkasten lag („Ich glaubte erst, es sei ein netter Weihnachtsgruß“), nimmt der Weitmarer mit einem Schmunzeln hin. Über den Inhalt indes kann er nicht lachen. Bis zu zehn Prozent darf laut Stadt-Satzung die Steigung bei einer 120-Liter-Tonne aufweisen, wie sie die USB-Trupps vor dem Haus der Elias’ abholen, rund zehn Meter zum Müllwagen unten auf der Straße und wieder nach oben rollen. Weil diese Marke überschritten werde, müsse der Standplatz bis 12. Februar verlegt werden Andernfalls, so der USB, könne „eine ordnungsgemäße Leerung nicht stattfinden.“ Die zweite Option: Elias schiebt die Graue Tonne fortan alle zwei Wochen ab 6 Uhr selbst zur Straße und retour – so wie er es mit seiner (nicht gebührenpflichtigen) Gelben und Blauen Tonne bereits tut.
„Natürlich wäre ich dazu bereit. Was mich wirklich stört, ist die Art und Weise, wie der USB mit dem Bürger umgeht“, betont Rüdiger Elias. „Fast 60 Jahre ging hier alles glatt. Statt nun freundlich auf das Problem aufmerksam zu machen, wird sofort mit Paragrafen und Konsequenzen gedroht. Als ich nach den Feiertagen beim USB anrief, zeigte sich der zuständige Mitarbeiter regelrecht empört, dass ich überhaupt nachfrage.“
„Dass unser Schreiben an Heiligabend zugestellt wurde, ist tatsächlich unglücklich“, räumt USB-Sprecher Jörn Denhard auf WAZ-Anfrage ein. Der Arbeitsschutz und die Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter indes seien ein hohes Gut. „Wir halten uns streng an die Abfallsatzung. Bei Familie Elias besteht dabei kein Zweifel, dass die erlaubten zehn Prozent Steigung deutlich überschritten werden.“
Klarheit soll in Kürze ein Ortstermin auf dem Zuweg schaffen. Dann wollen beide Parteien noch einmal das Maßband anlegen.