Bochum. . Das Schwurgericht verhandelt einen bizarren Todesfall. Angeklagt ist ein Bochumer, der glaubte, eine Frau getötet zu haben, obwohl er es nicht war.
Den Anruf an jenem Sonntagabend wird der Beamte der Polizei-Leitstelle wohl nicht vergessen. Ein 30-jähriger Bochumer erklärte, eine Frau umgebracht zu haben. Tatsächlich lag eine Leiche in seiner Wohnung am Innenstadtring. Nur: Er war offenbar gar nicht für den Tod verantwortlich, er glaubte bloß, dies zu sein. Seit Montag wird dieser bizarre Fall vor dem Schwurgericht verhandelt. Der Ausgang ist völlig ungewiss.
„Ich will mich anzeigen“, hatte der Angeklagte am 26. April um 21.42 Uhr dem Leitstellen-Beamten vom Handy aus gesagt. Worum es denn gehe, fragte der Polizist. „Mord“, lautete die Antwort. Er habe eine „unbekannte Frau“ getötet. „Was kann denn da auf mich zukommen? Jahre, zehn bis 15 ist sicher, woll?“ Dazu wollte der Beamte natürlich nichts sagen.
Wenige Minuten später fuhr ein Streifenwagen zu dem Anrufer, der bereits auf dem Bürgersteig vor dem Mehrfamilienhaus, in dem er wohnte, wartete. In seinem Apartment im vierten Stock entdeckten die Beamten eine zierliche Frau auf dem Teppich. Sie war tot. Ihre Identität war zunächst unbekannt. Nach mühsamen Ermittlungen stellte sich heraus, dass es sich um eine alkoholkranke Polin (44) handelte, die sich in der Trinkerszene des Bahnhofs aufgehalten haben soll. Sie hatte rund vier Promille Alkohol im Blut. Und vor allem: Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge starb sie nicht durch die Hand des Anrufers, sondern an einer Alkoholvergiftung.
„Nach seiner Vorstellung hatte er sie erwürgt“
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Trotzdem sitzt der 30-Jährige seit seinem Anruf in U-Haft. Nicht wegen vollendeten, sondern wegen versuchten Totschlags. Das ist auch der Anklagevorwurf von Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann. „Nach seiner Vorstellung hatte er sie erwürgt.“
Die Leiche lag dreieinhalb Tage in dem Apartment. Denn der Tod war bereits am Vormittag des 23. April eingetreten. An jenem Morgen soll der Angeklagte die Frau zwischen 5.30 und 8 Uhr am Hauptbahnhof kennengelernt und zu sich in seine Bleibe mitgenommen haben; warum, ist noch unklar. Unklar ist ebenfalls, warum es dann zu einem Angriff gegen den Hals der Frau gekommen sein soll. Möglicherweise verlangte die Frau nach weiterem Alkohol. Der Wohnungsbesitzer trank indes keinen Alkohol und war völlig nüchtern.
Als er die Frau tot am Boden liegen sah, tauchte er drei Tage bei Bekannten und seiner Verlobten ab. Aber das Gewissen ließ ihn nicht in Ruhe, so dass er schließlich die Polizei anrief. „Er hat mit sich gerungen, weil er sich für den Tod verantwortlich wähnte“, sagte Verteidiger Egbert Schenkel der WAZ.
Sein Mandant wird erst am 26. November vor Gericht erzählen, was damals geschah.