Bochum. 2014 hat Betriebsleiter Christian Müller die Metalltechnik-Sparte der G+H-Gruppe übernommen. Bereut hat er den Schritt in die Selbstständigkeit nicht.

Dass Christian Müller einmal Unternehmer sein würde, hat er sich lange Zeit nicht träumen lassen. Als Angestellter und Betriebsleiter fühlte sich der 44-Jährige am richtigen Platz in der richtigen Funktion. Bis der französische Konzern Vinci, weltweit der größte Baudienstleister, entschied, die Metallproduktion seiner konzerneigenen G+H-Gruppe in Bochum aufzugeben. Müller überlegte, sah mit seiner 28-jährigen Erfahrung im Unternehmen eine Perspektive für den Betrieb auf der Stadtteilgrenze Werne/Langendreer und entschied, ihn zu kaufen. Ein Jahr hat er mit seinem Arbeitgeber darüber verhandelt und 2014 dann den Betrieb übernommen. Management-buy-Out heißt das im Fachjargon. Aus Manager Müller wurde Unternehmer Müller, aus G+H Metalltechnik wurde Metalltechnik Müller.

„Ich habe es nicht bereut“, sagt der Jungunternehmer. Schlafen könne er noch genauso gut wie früher, auch wenn die Aufgaben so wie Verantwortung und Risiko größer geworden seien. Einen Nachteil habe die Selbstständigkeit allerdings schon: „Es gibt keine Wochenenden mehr.“

Hauptaugenmerk auf Bereich der Isolierung

Die gute Perspektive des kleinen Konzern-Anhängsels lag aus Sicht des gebürtigen Gelsenkircheners auf der Hand. „Früher hatten wir nur einen Kunden, die G+H-Gruppe, wir waren ein unternehmenseigener Dienstleister. Mittlerweile haben wir 30 Kunden.“ Große Abnehmer sind dabei – neben G+H etwa Bilfinger, Hertel oder Xervon. Dazu gibt es zahlreiche mittlere und kleine Kunden.

Und die Geschäftsbereiche sind gewachsen. Das Hauptaugenmerk liegt weiter auf dem Bereich der Isolierung. „Dabei geht es um die Blechummantelung von Formteilen“, erklärt Müller. Die eigentliche Isolierung etwa für eine Rohrleitung sei Mineralwolle. „Und wir schützen die Mineralwolle mit unserem Blech.“ Standardaufträge und -teile gehören zum Geschäft. Viele Aufträge aber erfordern maßgeschneidertes Arbeiten und verlangen viel Geschick der Isolierklempner. Auf deren Geschick und Kompetenz kommt es an.

Alle Arten von Blech

Das gilt auch für die drei weiteren Produktionsbereiche: Schallschutz, Kantteile und Lüftung. 1000 Tonnen aller Arten von Blech werden in der alten Halle an der Straße „Auf den Holln“ jedes Jahr verarbeitet, von Aluminium über Stahl bis zu verzinkten Blechen. „Damit gehören wir in unserer Branche nicht zu den Kleinen“, sagt Christian Müller.

Um sich auf dem Markt zu behaupten, haben er und die Kaufmännische Leiterin Barbara Kunz ein Firmenmotto kreiert, das den Unterschied zu Mitbewerbern ausmachen soll. MTM stehe nicht nur für Metalltechnik Müller, sondern auch für „more than metal“ – mehr als nur Metall.

Produktion und Zusatzleistungen

„Wir produzieren nicht nur, sondern bieten auch Zusatzleistungen wie Aufmaßarbeiten, Transporte, Weiter- oder Neuentwicklungen.“ Und wenn ein Kunde am Nachmittag anrufe und am nächsten Tag einen Auftrag erledigt haben möchte, „machen wir das möglich“, so Müller. „Mit einer flexiblen Produktion können wir uns abheben. Das ist die Nische, die wir besetzen.“ Und deshalb werde auch ständig über neue Betätigungsfelder nachgedacht.

„Geht nicht, gibt’s nicht“, ergänzt Barbara Kunz. Das hat nicht nur eine sportliche Note, sondern ist notwendig, um sich auf dem Markt zu behaupten. 24 Stunden am Tag an 364 Tagen im Jahr ist MTM erreichbar. Und bei Bedarf kann der Ein-Schicht-Betrieb kurzfristig mal auf zwei und theoretisch sogar auf drei Schichten umgestellt werden. Flexibilität ist aber nicht nur ein Unterscheidungsmerkmal, sondern auch marktimmanent. Planen lasse sich nur für wenige Wochen im voraus. Oft kommt MTM ins Spiel, wenn die Werkstätten der großen Industriedienstleister mit Aufträgen nicht nachkommen. „Und das kann man eben nie so voraussehen“, sagt Christian Müller.

Auf lange Sicht droht ein Personalengpass 

Das Pförtnerhaus ist verwaist. Irritieren lassen sollten sich Besucher auf dem früheren Betriebsgelände von Grünzweig und Hartmann aber nicht. 2000 bis 3000 Beschäftigte, die hier einst Mineralwolle herstellten, sind zwar längst nicht mehr da. Aber einige Firmen, darunter eben auch die Metalltechnik Müller GmbH, sind auf dem weitläufigen Areal immer noch zu Hause. Und wer auf den Hof fährt, dem fällt unweigerlich ein richtiges Beachvolleyball-Feld mit allem Drum und Dran, Sand und Netz, auf. „Das wird auch noch von unseren Nachbarn genutzt“, sagt Christian Müller, der beim Gang aus seiner Werkshalle auf den Sportplatz in ungewöhnlicher Umgebung blickt.

Alles dreht sich um Metall. Die Kaufmännische Leiterin Barbara Kunz sowie Geschäftsführer und Inhaber Christian Müller lenken die Geschicke des Betriebs.
Alles dreht sich um Metall. Die Kaufmännische Leiterin Barbara Kunz sowie Geschäftsführer und Inhaber Christian Müller lenken die Geschicke des Betriebs. © Ingo Otto / Funke Foto Services

Der MTM-Chef hat sein Geschäft von der Pike auf gelernt. Als 16-Jähriger begann er eine Ausbildung zum Wärme-, Kälte-, Schallschutz- und Brandisolierer bei der Firma Schuh in Essen, einer G+H-Tochter. Später kam die Weiterbildung zum Techniker, vor 15 Jahren übernahm er dann die Leitung des Betriebs in Bochum, 2004 wurde aus der früheren Werkstatt die G+H-Metalltechnik, die der Betriebsleiter 2014 übernahm.

Die Geschäfte laufen gut, die Belegschaft mit zum Teil 40-jähriger Betriebszugehörigkeit ist eingespielt. Aber auf lange Sicht könnte es schwierig sein, alle Aufträge abzuwickeln. „Das Problem ist, Isolierer ist ein aussterbender Beruf. Es ist schwierig geworden, neue Leute zu bekommen“, sagt die Kaufmännische Leiterin Barbara Kunz (38), die auch für das Personal und die Personalgewinnung zuständig ist.

Gutes Zahlenverständnis, handwerkliches Geschick und Teamfähigkeit seien ebenso Voraussetzungen, um den Handwerksberuf zu erlernen, wie ein Realschul- oder ein Hauptschulabschluss mit Qualifikation. Derweil bemüht sich die gelernte Bürokauffrau, die einst auch einige Semester Betriebswirtschaft studiert hat, selbst darum möglichst breit aufgestellt zu sein. „Man muss sich Weiterbilden“, sagt sie. „Ich bin ein Typ, der immer einen Plan B hat, wenn Plan A nicht so läuft.“ Und das kann nie schaden.