Bochum. . Die “Gesellschaft Harmonie“ wurde 1817 als Lesekreis gegründet. Seitdem hat sich nicht nur der Ort geändert, an dem sich die Mitglieder treffen.
Wenn die Rede auf die „Gesellschaft Harmonie“ kommt, fällt jedermann zunächst das Gebäude gleichen Namens an der Gudrunstraße ein. Die repräsentative Villa gilt als eine der besten Adressen in Bochum, sowohl was das gesellschaftliche als auch das gastronomische Leben angeht. Auf Anhieb wissen die wenigsten, dass die „Gesellschaft“ eine lange Geschichte hat, die bis ins frühe 19. (!) Jahrhundert zurückreicht. Und dass die hübsche Anlage am Stadtpark keinesfalls seit je die Heimstatt des Bürgervereins war.
Blick in die Stadtgeschichte
Vieles, was einmal in Bochum war, ist inzwischen vergessen. Aber manches wissen die alten Bochumer noch von früher. Und die jungen sind neugierig, es zu erfahren.
Mit „Bochum historisch“ wirft die WAZ einen Blick in die Stadtgeschichte. Unter dem Motto „So sah Bochum einmal aus“ werden verschwundene und noch sichtbare Gebäude besucht.
Wegen des großen Anklangs, den die Reihe findet, ist „Bochum historisch“ im Herbst 2016 auch als Buch im Klartext-Verlag erschienen. ISBN: 978-3-8375-1674-6; 12,95 Euro.
Übrigens: Jürgen Boebers-Süßmann, der Autor von "Bochum historisch", ist auch auf Facebook.
1817 erfolgte die Gründung der Gesellschaft Harmonie, nachdem sich anno 1816 ein Kreis angesehener Bürger (der sog. „guten Gesellschaft“) zusammengetan und unter Leitung des Stadt- und Landgerichtsassessors von Esselen eine Lesegemeinschaft gebildet hatte. Man kam zusammen, um sich zu unterhalten, um Karten, Schach oder Billard zu spielen. Man gab Konzerte und veranstaltete Lesekreise, sommers bis 23 Uhr, wintertags bis 22 Uhr, was ungewöhnlich spät war, weil Bochum damals mit Einbruch der Dunkelheit „zu Bett ging“ – es gab nämlich noch keine Straßenbeleuchtung.
Diener geleitete die feine Gesellschaft mit Laterne nach Hause
Für die Herren und Damen der „Harmonie“ galt das nicht: Ein Hausdiener geleitete mit der Laterne die Honoratioren nach Haus. Anfangs logiert die „Harmonie“ im Berliner Hof, einem erstklassigen Hotel am alten Buddenbergtor. Das erste eigene Gesellschaftshaus wurde 1869 nahe dem Wilhelmplatz/Husemannplatz an der Hochstraße/Kortumstraße erbaut. Seinen elitären Charakter hat der Gesellschaftsverein stets gepflegt. Vor allem Unternehmer von Rang und Namen – nebst Gattin – waren dabei, zum 75. Geburtstag 1892 listet das Mitgliederverzeichnis Fabrikbesitzer, Bankdirektoren, Bauunternehmer und Juristen auf.
1912 verkaufte die Gesellschaft ihr Grundstück für die Errichtung des Warenhauses Gbr. Alsberg, jetzt Kortum. Der Neubau wurde gleich nebenan, mit Eingang an der neu entstandenen Harmoniestraße, errichtet (heute C&A). Diese „alte“ Harmonie ist manchen Bochumern noch erinnerlich; im Krieg brannte das Haus aus, sechs Jahre lang war die Gesellschaft heimatlos. Im Dezember 1949 fasste die Generalversammlung den Beschluss über die Veräußerung des alten und den Erwerb des Grundstückes Gudrunstraße 9 mit dem um 1920 erbauten „Karolinenhof“. Im Dezember 1950 wurde besagtes Gesellschaftshaus am Park bezogen.
Längst kein elitärer Verein mehr
Vieles hat sich seitdem verändert. Längst ist die „Harmonie“ kein exklusiver Verein mehr, und längst ist das schmucke Haus am Stadtpark mit seiner gepflegten Gastronomie auch für Nicht-Vereinsmitglieder nutzbar, etwa für Familienfeiern. Der „Harmonie“-Verein hat aktuell gut 80 Mitglieder. Sie sind seit Jahren bemüht, Wege zu finden, Verein und Ort weiterhin als gesellschaftlichen Aktivposten in Bochum zu betreiben – und jüngere Mitglieder zu gewinnen. Aber allein als Lesekreis lockt man heute niemanden mehr an.
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