Bochum. Phenox hat sich zehn Jahre nach seiner Gründung etabliert und wächst weiter. Stents und Implantate gegen Schlaganfälle.

Der Mann ist klassischer Maschinenbauer und seine Promotion hat er in Kooperation mit den Stahlwerken Bochum erstellt. Aber die Welt, in die Hermann Monstadt vor gut zehn Jahren beruflich eingetaucht ist, ist viel kleiner, viel elastischer, viel flexibler.

In ihr dreht es sich um Mikrokatheter, die durch ein bis zwei Millimeter dünne Arterien geführt werden müssen, und um mikroskopisch kleine Bauelemente. 2005 hat er die Phenox GmbH gegründet: ein mittelständisches Medizintechnik-Unternehmen mit einer fulminanten Entwicklung. Was mit sieben Beschäftigten und mit gebrauchten Maschinen begann, hat mittlerweile eine imposante Entwicklungsgeschichte hinter sich.

124 Mitarbeiter zählt Phenox heute. Unlängst wurde im irischen Galway, neben Kalifornien (USA) das Mekka der internationalen Medizintechnik, ein Tochterunternehmen gegründet. Von dort will Monstadt mit seinen Partnern die lukrativen Märkte in USA, Kanada, Brasilien, Indien oder Australien erobern. Und auch der Stammsitz an der Lise-Meitner-Allee im Technologiepark wächst weiter. In den nächsten Monaten entsteht dort ein neues, 1000 Quadratmeter großes Gebäude.

Behandlung von Aneurysmen

Phenox braucht mehr Platz. Noch in diesem Jahr werden vier neue Produktlinien aufgesetzt; weitere sind für 2016 geplant. Es ist das Ergebnis jahrelanger Forschungs- und Entwicklungsarbeit, die bald Früchte tragen soll. Als einer der ersten hat der Bauernsohn aus Stiepel, der in der Vergangenheit schon zwei Firmen gegründet und später verkauft hat, vor gut zehn Jahren die Chancen der technisch-mechanischen Behandlung von Schlaganfällen erkannt. „Bis dahin gab es nur die medikamentöse Behandlung“, so der 53-Jährige.

Er entwickelte einen in den USA ersonnenen Ansatz weiter, mit Hilfe eines Katheters von der Leiste aus über die Arterien einen Stent-Retriever an jene Stelle im Kopf zu platzieren, wo ein Verschluss den Blutstrom unterbricht; der Stent wird samt Gerinnsel wieder herausgezogen. Mittlerweile werden zudem Aneurysmen, zu platzen drohende Arterienerweiterungen, mit einem Implantat mechanisch behandelt.

Engmaschiges Röhrchen

Entwickelt werden die Produkte von Ingenieuren, produziert zum Teil an Maschinen. Beeindruckend ist etwa jenes Gerät, das über 64 Spulen ein schmales, engmaschiges Röhrchen aus feinen, in unterschiedlichen Winkeln gewickelten Nickel-Titan-Drähten flechten kann. Ein komplettes High-Tech-Produkt wird daraus aber erst, wenn die Enden der zu Zentimeterlangen Stücken geschnittenen Röhrchen, 64 mit bloßem Auge kaum zu sehende Fäden, per Hand zu acht mal acht, mit einem Metallkopf gebundenen Enden verknüpft werden.

„Mit einer Maschine ist das nicht zu machen“, sagt der Phenox-Geschäftsführer. Das geht nur per Hand; erledigt von Frauen und Männern – einige von ihnen waren früher bei Nokia oder Opel – mit einer ausgeprägten Hand-Auge-Koordination, die die unter einem Mikroskop liegenden Röhrchen mit Pinzetten bearbeiten, ehe sie im Reinraum gesäubert und später von einer Lohn-Sterilisationsfirma gereinigt werden.

Gesucht werden Techniker, Feinmechaniker und Ingenieure 

Ideen gibt es genügend. Auch die Zahl der Produkte wird steigen. „Wir wollen im Bereich der interventionellen Neuroradiologie fast alle relevanten Produktgruppen abdecken“, kündigt Dr.-Ing. Hermann Monstadt an. Schon jetzt arbeite das Unternehmen, an dem der Gründer selbst, weitere private Anteilseigner, die NRW-Bank und ein süddeutscher Fonds beteiligt sind, profitabel. Aber der milliardenschwere Markt der Medizintechnik verheißt noch mehr Erfolg.

Dazu benötigt das Unternehmen das richtige Personal. Ingenieure, Feinmechaniker, Techniker – allesamt mit Berufserfahrung; spätestens 2016 werden etwa 20 neue Mitarbeiter gesucht. Und die sind, da die Metropole Ruhr anders als Süddeutschland kein klassischer Medizintechnikstandort ist, schwer zu finden. Immerhin hilft Phenox die gute Anbindung an Universitäten und Hochschulen. Zahlreiche Beschäftigte wurden dort schon rekrutiert. Über eine Kooperation mit der Westfälischen Hochschule bildet Phenox sogar selbst aus – eine duale Ausbildung von Lehre und Studium macht es möglich.

Flexible Arbeitszeiten

Der Firmenchef ist stolz auf seine Mannschaft, die in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist, in der es kaum Abgänge gibt und die unter anderem mit flexiblen Arbeitszeiten gelockt wurde. Dass acht von 22 Ingenieuren Frauen sind – darunter zwei Abteilungsleiterinnen – ist nicht nur deshalb ungewöhnlich, weil der weibliche Anteil unter den Ingenieuren im Durchschnitt deutlich geringer ist.

Er zeige auch deutlich, dass es Phenox möglich mache, die Interessen von Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen, etwa wenn es um Kinderbetreuung oder Pflegezeiten gehe. „Das ist nicht immer ganz einfach, wird sich aber auf lange Sicht auszahlen. Nicht unbedingt in Euro, aber was das Betriebsklima und die Bindung an das Unternehmen betrifft.“ Und das ist in einer Arbeitswelt, in der womöglich schon bald heftig um das beste Personal gerungen wird, kein zu unterschätzender Faktor.