Bochum. . Petra Reß wollte am späten Freitagabend einer verwahrlosten Katze helfen. Polizei reagierte ablehnend. Auch die Tierrettung bewertete die Lage anders.

Diesen Freitagabend wird Petra Reß nicht vergessen. Gegen 22.30 Uhr ging sie wie immer mit ihrem Hund in Grumme spazieren. Eine Katze lief über die Straße und blieb vor ihr stehen. Stumm und ausgemergelt habe das kleine Tier die Katzen-Freundin angeschaut. Reß wollte helfen, eilte nach Hause und holte eine Box. „Sie ist direkt in den Korb gekrochen und hat gefressen“, erinnert sich Reß.

Daheim informierte sie die Polizei: „Mit dem Tierschutz haben wir nichts zu tun, sagten sie mir“, berichtet die Bochumerin. Sie rief die Tierrettung an und stieß auch dort auf Abwehr. Am Samstag brachte sie die Katze ins Tierheim, am Montag erfuhr Petra Raß, dass sie eingeschläfert werden musste. Bei der Untersuchung der unbekannten Katze wurde im Rachen ein Tumor entdeckt. Von einer Operation wurde abgesehen. „Nur noch Haut und Knochen“, sagt Reß, sei die Katze gewesen. Sie selbst habe vier Katzen, vor sechs Wochen brachte sie schon einmal einen Vierbeiner zum Tierheim. Aber das war am helllichten Tag.

„Eine Unverschämtheit!“

Dass ihr nun keiner in der Not beistehen wollte, versteht sie nicht: „Das ist eine Unverschämtheit! Ich bin stocksauer.“ Insbesondere die Reaktion des Beamten ärgerte sie, der ihr noch erklärte: „Sie wissen, dass sie sich strafbar machen, wenn sie anderer Leute Sachen wegnehmen?“

Die WAZ fragte bei der Polizei nach. Diese konnte sich die unwirsche Reaktion des Beamten nicht erklären. „Unsere Beamten der Leitstelle sind grundsätzlich freundlich und treten angemessen auf“, nimmt Pressesprecher Thomas Kaster seine Kollegen in Schutz.

Polizei ist nicht der Ansprechpartner

„Das muss ein Missverständnis gewesen sein. Ich habe sowas jedenfalls noch nie erlebt.“ Gleichwohl stellt Kaster klar, dass die Polizei im Grunde genommen nicht der Ansprechpartner sei: „Fundtiere sind Sache der Stadt.“ Daher müsse die Feuerwehr gerufen werden. Allerdings besagt ein Hinweisschild am Eingangstor des Tierheims Bochum, dass außerhalb der Öffnungszeiten die Polizei alarmiert werden soll. Dies deckt sich auch mit der Aussage von Angela Nieswand, Vorsitzende des für das Tierheim zuständigen Tierschutzvereins: „Immer erst die Polizei anrufen. Die gibt das dann eigentlich weiter.“ In diesem Jahrmusste die Polizei schon 616 mal in Tierangelegenheiten ausrücken.

Die Tierrettung Bochum versicherte, man kümmere sich um jedes Tier. „Bei Verletzungen fahren wir natürlich raus“, sagt Anna Krumtünger, „ Wir sind 24 Stunden in Bereitschaft, aber manchmal hat das auch Zeit bis zum nächsten Morgen.“ Der Katze hätte die Tierrettung nicht helfen können. Petra Reß aber fühlte sich allein gelassen.

Freilaufende Katzen tragen oft einen Mikrochip 

Das Tierheim Bochum ist während ihrer Öffnungszeiten die richtige Adresse. Zum einen kann die Einrichtung Fundtiere artgerecht unterbringen, zum anderen kann dort auch der winzige Microchip gelesen werden, den Halter ihren Vierbeinern einpflanzen sollten. Die Registrierung beim Verein Tasso ist kostenlos. Durch den Transponder kann der Besitzer ermittelt und der streunende Vierbeiner zurückgebracht werden. Zu voreilig sollte man bei Katzen jedoch nicht handeln: In den meisten Fällen, erklärt Angela Nieswand, Vorsitzende des Tierschutzvereins Bochum, sind es Freigänger. „Die Abwägung ist unglaublich schwierig.“

Petra Reß’ Fall sei ein Grenzfall, wie er regelmäßig geschehe. Die Unterscheidung, ob es sich um eine entlaufene oder freilaufende Katze handelt, liegt letztlich im eigenen Ermessen. Allein zum Transport kann die Tierrettung nicht angefordert werden. Diese ist ein privater Dienstleister des Tierheimes. Sollten äußere Verletzungen und ein krankhaftes Erscheinungsbild gegeben sein, rät Nieswand zum tierärztlichen Notdienst. Dort können Anrufer die Symptome beschreiben und sich erkundigen, was sie machen sollen. Dieser kann dann die Empfehlung aussprechen, die Tierrettung zu benachrichtigen.

Ärgerliche Kosten für den Besitzer

Wenn der Halter unbekannt ist, übernimmt das Tierheim vorläufig die Kosten – gerade deshalb muss man vorsichtig sein. Ist die Katze ein Freigänger und entgegen der ersten Einschätzung nicht krank oder verletzt, und der Besitzer holt seine Katze am nächsten Tag ab, entstehen unnötige und für den Halter ärgerliche Kosten. Generell appelliert Nieswand an den „gesunden Menschenverstand und den eigenen Einsatz.“

Bei Hunden ist die Situation deutlich leichter: Einen herrenlosen Hund, den man in der Nacht findet, kann man gegebenenfalls selbst unterbringen und am nächsten Tag zum Tierheim bringen, oder man ruft die Feuerwehr. Die Brandschützer rücken mit einer Box aus und bringen den Hund in einer entsprechenden Einrichtung unter. Dabei wägt auch sie die Dringlichkeit der Lage ab.