Bochum. Wasser und Bohrmehl haben dem ehrwürdigen Instrument in den letzten Jahren zugesetzt. Jetzt erlebt es die größte Putzaktion seiner Geschichte.

Im Audimax steht sie wie eine Eins: Die mächtige Klais-Orgel ist seit ihrer Errichtung im Jahr 1998 aus dem kulturellen Leben auf dem Campus nicht mehr wegzudenken.

Doch Feuchtigkeit und vor allem Staub haben der größten Konzertsaalorgel Nordrhein-Westfalens in den vergangenen Jahren arg zugesetzt. Zeit also für die größte Putzaktion, die das ehrwürdige Instrument bislang erlebt hat. Orgelbauer Björn-Daniel Reich aus Pulheim nimmt sich dafür über zwei Monate Zeit, um die Klais-Orgel wieder auf Vordermann zu bringen, sie zu reinigen und neu zu stimmen.

Damit das gelingen kann, müssen sich er und sein Team jede Orgelpfeife einzeln vorknöpfen. Das sind haargenau 6148 Stück!

Von Wasser und Bohrmehl

„Solch einen Auftrag bekomme ich nicht alle Tage“, meint er und schmunzelt. Normalerweise kümmert er sich um den Auf- oder Abbau von Kirchenorgeln, die alle eine Nummer kleiner sind als diese. Dabei kennt er die Klais-Orgel gut: Bereits als Geselle war er beim Aufbau dabei und weiß um die Besonderheiten des Instruments, das seit einem Wasserschaden vor zwei Jahren ziemlich gelitten hat.

Orgelbauer Björn-Daniel Reich kümmert sich um jede einzelne Orgelpfeife.
Orgelbauer Björn-Daniel Reich kümmert sich um jede einzelne Orgelpfeife. © Ingo Otto / Funke Foto Services

„Bei einem Unwetter im Juni 2013 lief im Audimax das Wasser durchs Dach und hat das ganze Parkett aufgeschwemmt“, erzählt Sabine Hoeper vom Musischen Zentrum. Während die Orgel die Grüße vom Wettergott noch halbwegs unbeschadet verkraftete, setzten ihr Sanierungsarbeiten im Audimax später dann stärker zu: „Dabei hat sich feines Bohrmehl in die Pfeifen gesetzt, was ziemlich ärgerlich war.“ All dies hätte man der Orgel zwar nicht angehört („am Klang hat das nichts geändert“), und dennoch entschloss sich die Ruhr-Uni zu einer Sanierung ihrer schönen Orgel.

Von einem blitzsauberen Gerüst umgeben

Dabei: So schön sieht sie dieser Tage gar nicht aus. Ein großes und vor allem blitzsauberes Gerüst, das so sauber sein muss, um weiteren Staubbefall zu vermeiden, hat die Orgel fest umschlungen. In wackeligen zehn Metern Höhe sieht man die Gerüstbauer bei der Arbeit. Wenn das Gerüst steht, dann beginnt für Björn-Daniel Reich und sein sechsköpfiges Team die eigentliche Fleißarbeit.

„Jede einzelne Orgelpfeife wird dann mit Druckluft, Bürste und einem Lappen fein säuberlich gereinigt“, sagt der 40-Jährige. Über das Gerüst gelangt er dann auch zu jenen Pfeifen, die nicht abmontiert werden können. Die größte ist mehr als 10 Meter lang und wiegt 680 Kilogramm.

Richtig spannend wird es für ihn im August: Nach Ende der Säuberung muss die Orgel erst neu intoniert und dann gestimmt werden. „Und dabei hilft uns kein Computer, das geht rein über das Gehör“, sagt er. Pfeife für Pfeife, Register für Register muss er jedes Teil der Klais-Orgel zu einem stimmigen Gesamtklang bringen. Dafür ist absolute Ruhe entscheidend: „Wenn nebenan einer die Bohrmaschine anwirft, ist das schlecht.“ Dies sei, so gibt es der Orgelbauer zu, durchaus auch eine Nervenprobe.

Mehr als 100 Besucher kommen jedes Mal zur „Lunchtime-Orgel“. 

Seit September 1998 ist die Klais-Orgel Blickfang im Saal des Audimax. Ihren Namen verdankt sie dem Erbauer: Johannes Klais war Chef einer Orgelbaufirma in Bonn. Von seiner Firma stammt auch die Orgel im Kölner Dom.

Das Audimax wurde 1978 als eines der letzten Gebäude auf dem Campus-Gelände fertig gestellt. Schon damals war die Installation einer Orgel vorgesehen, doch konnte dies aus Kostengründen erst 20 Jahre später realisiert werden. Der Aufbau gestaltete sich schwierig, weil man mit den Transportwagen aus Bonn nicht dicht genug ans Audimax heran kam. „Die strategische Planung dieses Transports ist schwieriger als bei einem Castor-Transport“, hieß es damals aus Bonn.

Konzertreihe zum 100. Todestag von Max Reger

Heute wird die Klais-Orgel oft genutzt. In der Reihe „Klangwelten“ wird ab 19. November eine Konzertreihe zum 100. Todestag von Max Reger zu hören sein. Fest etabliert hat sich auch die „Lunchtime-Orgel“, wo jeweils montags zur Mittagszeit etwa 100 Besucher den Weg ins Audimax finden. Das nächste Konzert ist für den 26. Oktober um 13.15 Uhr geplant. Dann wird die frisch gereinigte Klais-Orgel auch zum ersten Mal nach der Putzaktion in voller Pracht erklingen.