Bochum. . 50 Organisationen engagieren sich in der Flüchtlingshilfe in Bochum. Ein Online-Portal soll die Gruppen und ihre Arbeit ab Herbst vernetzen.

„Ich zünde lieber ein kleines Licht an als über die Dunkelheit zu schimpfen.“ Dr. Karin Pries ist bewusst: Ihre Unterstützung für ein Mädchen aus Mazedonien kann bei über 1600 Asylbewerbern in Bochum nur einen kleinen Teil der erforderlichen Flüchtlingshilfe ausmachen. Und doch ist es ein großartiger Dienst, den die 63-Jährige verrichtet – zumal sie es nicht beim Sprachunterricht belässt. Im Herbst soll ein Internet-Portal folgen.

Incas (Intercultural Consultancy and Studies) heißt das Institut, das Dr. Karin Pries seit 15 Jahren an der Kurfürstenstraße leitet. Mit ihrem Team entwirft die Pädagogin Weiterbildungsprogramme im Internet für die Entwicklungsarbeit u.a. in Afrika und Lateinamerika. Lange lebte sie in Mexiko, wo sie die Armut, aber auch Gastfreundschaft und Herzenswärme der Einwohner kennen und schätzen lernte.

Auch Mama lernt nun fleißig Deutsch

„Beruflich war und bin ich international tätig. Da reifte der Wunsch, hier, in Bochum, ein Stück dessen zurückzugeben, was ich in anderen Teilen der Welt erfahren durfte“, sagt Karin Pries. In der WAZ las sie im Frühjahr, dass die Stadt eine Koordinierungsstelle für die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit eingerichtet hat. Sie nahm Kontakt zu Nadine Meyer auf. Ihre Idee: Deutschunterricht für Flüchtlingskinder zu erteilen. „Das habe ich ja gelernt.“

Der Plan, eine Lerngruppe in einer Bochumer Schule zu gründen, scheiterte. „Keine Schule fühlte sich dazu in der Lage. Sehr bedauerlich.“ Immerhin vermittelte ihr die Heinrich-Böll-Gesamtschule eine Schülerin aus Mazedonien, die mit ihrer Mutter vor vier Monaten Zuflucht in Eppendorf gefunden hat.

Zweimal pro Woche büffelt die 15-Jährige mit Karin Pries Deutsch. „Inzwischen macht auch die Mutter mit“, freut sich die Unternehmerin, die sich die Zeit für die Unterrichtsstunden zwar mühsam freischaufeln muss, der das Ehrenamt aber so großen Spaß bereit, dass sie ihrer fleißigen Schülerin (die nicht in der Zeitung erscheinen möchte) fortan noch intensiver zur Seite stehen will. In diesen Tagen waren beide zu Besuch in der Stadtbücherei. Zudem hat sie dem Teenager einen HipHop-Tanzkurs vermittelt.

Portal soll im Oktober starten

Karin Pries belässt es nicht bei der Einzelhilfe. Mit ihrem Büro und in Kooperation mit dem Sozialamt entwickelt sie derzeit das „Flüchtlingsportal Bochum“. Sämtliche rund 50 Initiativen, Gruppen, Einrichtungen, Vereine und Verbände, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, sollen online gebündelt und vernetzt werden. „Der Nutzer erkennt, wer wo und wie arbeitet und welche Möglichkeiten bestehen, sich selbst einzubringen.“

Das Portal soll im Oktober an den Start gehen. Für ihre digitale „Entwicklungshilfe“ verlangt Karin Pries keinen Cent. Nur eine Hoffnung verbindet sie mit ihrem Ehrenamt: dass viele weitere Bochumer ein kleines Licht entzünden mögen.

Wie sich die Bochumer ehrenamtlich engagieren können 

Helfer mit Herz: Immer mehr Bochumer engagieren sich in der Flüchtlingshilfe. „Täglich erreichen uns neue Angebote. Die Solidarität ist riesig“, beobachtet Koordinatorin Nadine Meyer im Sozialamt.

Gefragt sind insbesondere Bürger, die den Flüchtlingen mit ihren Fremdsprachenkenntnissen (Englisch, Französisch, vor allem auch Arabisch) zur Seite stehen. Ehrenamtler für den Deutsch-Sprachunterricht für Kinder und Erwachsene sind gleichfalls willkommen – ebenso Frauen und Männer, die Patenschaften für einzelne Flüchtlinge und Familien übernehmen.

Weitere Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements:
– Begleitung bei Behörden- oder Arztterminen;
– Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung;
– Kinderbetreuung (Vorlesen, Spielen etc.);
– Freizeitgestaltung mit Jugendlichen;
– Stadt- und Stadtteilführungen;
– Kreativangebote (Basteln, Malen, Musik, Handarbeiten);
– sportliche Aktivitäten;
– Ausflüge, Feste und Aktionen (mit)gestalten;
– Hilfe bei Umzügen.

Gesucht werden zudem Bürger, die kostenlose Lagerflächen für die vielen Sachspenden zur Verfügung stellen. Ein weiterer Aufruf richtet sich an Freiwillige, die beim Transport der Spenden helfen und/oder geeignete Fahrzeug bereithalten. Ebenso gesucht: handwerklich versierte Menschen für kleinere Einsätze rund um den Transport und Aufbau von Sachspenden.

Stets gilt: Bitte direkt bei Nadine Meyer melden oder das Internet nutzen.

Wie sich die Bochumer mit Sachspenden engagieren können 

Viele Flüchtlinge, vor allem Familien, haben aus ihrer Heimat nur das Notdürftigste mitnehmen können. Manche besitzen allein das, was sie am Leibe tragen. Sachspenden sind daher höchst willkommen.

„Besonders gefragt sind verkehrstaugliche Fahrräder“, weiß die städtische Koordinatorin Nadine Meyer nach Rücksprache mit den Sozialarbeitern in den Einrichtungen und Wohnungen. „Die Menschen müssen etliche Behördengänge erledigen. Ein Rad ist da sehr nützlich.“

Gleichfalls benötigt werden Kinderwagen sowie Schultornister und Rucksäcke für Mädchen und Jungen jeden Alters, besonders für Schulanfänger. Auch für Fernsehgeräte gibt es dankbare Abnehmer: möglichst mit DVBT-Empfänger.

Die Flüchtlinge würden sich aktuell auch über die folgenden weiteren Sachspenden freuen, die die Stadtverwaltung auflistet:
– Hochstühle für Kleinkinder,
– Kinderspielzeug (Bausteine, einfache Spiele oder Puzzles),
– Hallenturnschuhe,
– Waschmaschinen,
– Kühl- und Gefrierschränke,
– Minibacköfen (mit 220-Volt-Anschluss),
– Herd mit Backofen,
– Wasserkocher,
– Eckcouch,
– Spülunterschrank (1 m x 0,60 m oder kompletter Spülschrank),
– Koffer und Reisetaschen,
– Besen,
– Brettspiele,
– Fußbälle und Fußballschuhe für Kinder und Erwachsene.

Die Stadt bittet dringend, die Sachspenden nicht direkt in die Unterkünfte zu bringen. Wer helfen will, meldet sich bei Nadine Meyer (Telefon 0234/910 15 31, E-Mail: NMeyer@bochum.de) oder nutzt das Kontaktformular auf der Internetseite www.bochum.de.

Die Bürger erfahren wenig später, wo sie ihre Spenden abgeben können. Zwar gibt es keinen eigenen Transportdienst. Bei Bedarf können die Spenden aber abgeholt werden.