Bochum. Flüchtlinge der Unterkunft am Harpener Hellweg lernen nicht nur den Umgang mit den Instrumenten, sondern auch einander kennen.
Musiklehrerin Ivonne Murek trägt ihre Trommeln über den Flur der Flüchtlingsunterkunft am Harpener Hellweg. Schon nach ein paar Metern erntet sie die ersten neugierigen Blicke und findet Helfer, die die restlichen Instrumente mit ihr auf die Rasenfläche vor dem Gebäude bringen.
„Kommst du heute?“ fragt Murek einen jungen Mann und trommelt dabei mit ihren Händen in der Luft. Er nickt. Einige Minuten später ist der Stuhlkreis, den die Perkussionslehrerin aufgestellt hat, zur Hälfte gefüllt. „Jeder Freitag sieht komplett anders aus, es kommen immer wieder neue Leute“, erzählt Murek. Seit April trommelt sie im Auftrag der Musikschule und ihres Fördervereins einmal die Woche in der Unterkunft mit den geflüchteten Menschen. „Wir sind froh, dass so etwas angeboten wird. Das ist für die Bewohner ein kleiner Höhepunkt, ein Moment der Gemeinschaft“, sagt Sozialarbeiter Michael Mijal. „Menschen, die sonst nichts miteinander zu tun haben, sitzen zusammen und haben Spaß.“
Noch bevor die Trommelstunde beginnt, strecken drei junge Frauen neugierig ihre Köpfe durch die Tür zum Garten. „Come on“, animiert sie einer der Männer, der bereits eine Djembé zwischen die Knie geklemmt hat, und winkt sie herbei. Zunächst noch etwas schüchtern, gesellen sich die drei zu der Gruppe.
Ein kurzer Moment der Sorglosigkeit
Der Kurs selbst funktioniert fast ohne Worte. Lehrerin Murek spielt Rhythmen vor, die die Bewohner nachspielen. Immer wieder bleibt jemand im Flur stehen und schaut auf das Grüppchen, das lachend und scherzend den Anweisungen von Murek folgt.
Trommelkurs wird allein durch Spenden finanziert
Der Trommelkurs entstand in Kooperation mit dem Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe (Ifak) und Bezirksbürgermeister Marc Gräf zunächst für die Kinder der Lewacker Schule. Seit April findet er auch am Harpener Hellweg statt.
Finanziert wird er aus den Mitteln des Fördervereins der Musikschule, der hierfür auf Spenden angewiesen ist (www.bochumer-trommeln.de).
Der Kurs ist für die Bewohner ein kurzer Moment der Sorglosigkeit. „Solche Angebote haben für Flüchtlinge einen unglaublichen Wert“, weiß Christof Wieschemann vom Förderverein Amtshaus Harpen und Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Musikschule (GFFM). Der Alltag der Flüchtlinge bestehe sonst daraus, wochenlang auf den Anhörungstermin für das Asylverfahren zu warten.
Die Musikschule engagiert sich über die Trommelkurse hinaus für Flüchtlinge. So entstand etwa in Kooperation mit dem Kultursekretariat Wuppertal in diesem Jahr ein Hörspiel und ein Videoclip mit Flüchtlingen. Als nächstes soll sich eine Weltmusik-Pop-Band aus professionellen Musikern formieren.
Auch an der Wohlfahrtsstraße wird getrommelt - dort bietet der Verein „WorldBeatClub“ seit Anfang des Jahres Trommelstunden für die Flüchtlinge des Übergangswohnheims an.