Bochum. Seit November hat Norbert Laubenstein seine Ehefrau Yaohong Chen nicht mehr gesehen. Visa-Bestimmungen machen dem deutsch-chinesischen Paar das Leben schwer.

Seit rund acht Monaten ist Norbert Laubenstein verheiratet. Genau so lange hat er seine Ehefrau nicht mehr in die Arme schließen können. Denn Yaohong Chen ist Chinesin – und kann bislang nicht ins Heimatland ihres Mannes einreisen, so wollen es die deutschen Visa-Voraussetzungen. „Das ist so eine Gemeinheit, so eine Ungerechtigkeit“, regt sich der 56-jährige Laubenstein auf. „Ich kann nachts schon nicht mehr schlafen.“

Das Problem: Für ein Visum zur Familienzusammenführung muss Chen einfache Deutschkenntnisse nachweisen. „Meine Frau spricht auch kein Englisch, kannte bislang nur die chinesischen Schriftzeichen, Deutsch zu lernen fällt ihr deshalb unglaublich schwer“, so Laubenstein. Die 45-jährige besuchte zehn Wochen lang einen Intensiv-Kurs in einem Sprachlernzentrum des Goethe-Instituts, lebte dazu in einem Studentenwohnheim – über 1200 Kilometer von ihrem Heimatort entfernt.

Täglich Deutsch geübt

Außerdem übte Laubenstein mit ihr schon im Vorfeld jeden Tag über Skype Deutsch – so gut es eben ging: „Die Verbindung bricht ständig ab, die Stimme kommt abgehackt an. Eigentlich funktioniert nur schreiben“, erzählt Laubenstein frustriert. Die abschließende Prüfung hat Chen nicht bestanden.

Grüne und Linke kritisieren Regelung

Seit 2007 müssen Ausländer, die nicht aus der Europäischen Union kommen und zu ihrem Ehepartner nach Deutschland ziehen wollen, einfache Deutschkenntnisse nachweisen.

Die Grünen und Die Linke kritisieren die Regelung als diskriminierend und plädieren für ihre Abschaffung. Bedenken hat auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz.

Jetzt will Laubenstein versuchen, für seine Frau, die er Ende 2013 über das Internet kennenlernte, zumindest ein Besuchervisum über drei Monate zu bekommen. So könnte sie schon einmal das Land, in dem sie künftig leben will, kennenlernen und vor Ort einen weiteren Deutschkurs besuchen. Doch auch dafür stehen die Chancen nicht besonders gut. “Ich sehe sie bei 50 zu 50“, erklärt Laubensteins Anwalt Björn Cziersky-Reis. Denn ein solches Schengen-Visum wird nur erteilt, wenn die Rückkehrbereitschaft des Antragstellers als bewiesen gilt. „Die Entscheidung darüber liegt im Beurteilungsspielraum der Botschaft – ist also im Prinzip Willkür“, so Cziersky-Reis. „Leider gibt es in der Praxis einen wahnsinnigen Missbrauch mit Schengen-Visa“, erklärt der Anwalt für Ausländerrecht das Misstrauen der Behörden.

„Nun fliege ich erstmal zu meiner Frau nach China“, so Laubenstein. Mit Tagebuch und Fotos soll das Paar nun auf Anraten seines Anwalts dokumentieren, dass sie während seines Besuchs regelmäßig Deutsch geübt haben – denn eine Ausnahmeregel könnte die letzte Hoffnung der beiden sein. Kann Chen nachweisen, dass sie sich ein Jahr lang erfolglos bemüht hat, Deutsch zu lernen, kann sie auch ohne Sprachnachweis zu ihrem Mann nach Deutschland ziehen. „Denn wie viele weitere Deutschkurse ich mir leisten kann, weiß ich nicht“, so Laubenstein.