Bochum. . Mohamed Abeidi kam nach Deutschland, um seine Mutter und seinen schwerbehinderten Bruder zu unterstützen. Am Mittwoch soll er das Land verlassen.

Mohamed Abeidi droht kommenden Mittwoch die Abschiebung nach Polen. Der 24-jährige Iraker war im Sommer 2014 über Warschau nach Deutschland eingereist, um dort Asyl zu beantragen und seine Familie zu unterstützen. Seine Mutter und sein schwerbehinderter jüngerer Brüder leben seit rund drei Jahren in Bochum. Die fast 70-jährige Mutter ist mit der Pflege des jüngsten Sohnes, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, überfordert. „Ich bin schon zweimal in der Stadt zusammengebrochen, als ich mit Ahmad unterwegs war“, erzählt Intisar Zahi Abeidi mit Tränen in den Augen. Der 16-jährige Schüler ist vollständig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Er kann nicht laufen, seine Arme und Hände nicht richtig bewegen. Daher unterstützt ihn seine Mutter beim Baden, Anziehen, Essen und allen weiteren Dingen des täglichen Lebens. „Aber ich kann ihn alleine kaum noch tragen oder in den Rollstuhl heben“, klagt sie. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass Mohamed bei uns bleiben kann.“

Laut Dublin-Verordnung der EU ist jenes Land für das Asylverfahren eines Flüchtlings verantwortlich, in dem der Schutzsuchende das erste Mal europäischen Boden betritt. Im Fall Mohamed Abeidi also Polen. „Für die Familie ist das eine extrem schwierige Situation“, so Hans Hudde von Amnesty International Bochum. Auch für Mohamed ist der Rückhalt seiner Familie sehr wichtig.“

Ohne Anklage in einem irakischen Gefängnis

Der 24-Jährige saß vor seiner Flucht sieben Jahre ohne Anklage in einem irakischen Gefängnis, wurde dort gefoltert, gilt als traumatisiert und suizidgefährdet. Von seinem Vater, der zusammen mit dem Sohn inhaftiert wurde, gibt es seit der Festnahme 2007 kein Lebenszeichen mehr. Zwei weitere Geschwister kamen bei einem Bombenanschlag auf das Haus der Familie ums Leben, während Mohamed im Gefängnis saß.

Auch wenn der junge Iraker nach Deutschland gekommen ist, um bei seiner Familie zu sein und sie zu unterstützen, war er doch die meiste Zeit von ihr getrennt. Während sein Asylantrag bearbeitet wurde, musste er in Esterwegen im Landkreis Emsland leben. Erst seit einem Monat kann sich der 24-Jährige frei im gesamten Bundesgebiet bewegen und ist seitdem bei seiner Familie. Aufgrund seiner psychischen Verfassung könnte Mohameds Abschiebung zumindest vorläufig verschoben werden.

Am Dienstag möchte die Familie dazu den Rat eines Gutachters der Medizinischen Flüchtlingshilfe einholen. Außerdem erwägt die Bochumer Gruppe von Amnesty International einen Antrag bei der Härtefallkommission des Landtags zu stellen, um seine Abschiebung dauerhaft zu verhindern.