Bochum. . Nach 20 Jahren gibt die Regisseurin die Leitung der Bochumer Off-Bühne ab und geht ans Theater nach Bamberg. Vom Ende einer Ära.

Es ist immer gefährlich, vom „Ende einer Ära“ zu schreiben, doch in diesem Fall trifft die abgedroschene Formulierung eindeutig zu. Nach 20 Jahren an der Spitze des Prinz-Regent-Theaters nimmt Leiterin Sibylle Broll-Pape heute ihren Hut und geht nach Bamberg.

Und der Abschied fällt ihr sichtlich schwer: „Wenn ich durch dieses Haus gehe, dann werde ich schon wehmütig“, sagt sie. „Mit jeder Ecke dieser Bühne verbinde ich so viele Erinnerungen. Wahnsinn, was in den Jahren alles passiert ist.“

Sibylle Broll-Pape gehörte im Jahr 1991 zum Gründungsteam der kleinen Off-Bühne und übernahm 1995 deren Leitung. Von den vielen Gruppen, die sich einst im Prinz-Regent tummelten, blieb am Ende nur eine. Broll-Pape, die Mathematik und Informatik studierte, wechselte durchaus hartnäckig und mit Verve ins Regiefach, setzte ihre Ideen von zeitgenössischem Theater immer konsequenter um. „Wir waren die ersten, die mit Video auf der Bühne experimentierten“, erinnert sie sich. „Wie wir mit diesen VHS-Rekordern rumgehampelt haben, das war schon irre.“

Ein starkes Ensemblestück: Die „Buddenbrooks“ brachte Sibylle Broll-Pape im Jahr 2011 auf eine fast leere Bühne.
Ein starkes Ensemblestück: Die „Buddenbrooks“ brachte Sibylle Broll-Pape im Jahr 2011 auf eine fast leere Bühne. © Ursula Kaufmann

Im Schatten des mächtigen Schauspielhauses

Ihr Plan war, das Prinz-Regent im Schatten des mächtigen Schauspielhauses als Bühne für junge Autoren zu etablieren – was durchaus gelang. Heute weit beachtete Dramatiker wie Moritz Rinke, Roland Schimmelpfennig oder Theresia Walser machten ihre ersten Gehversuche an der Prinz-Regent-Straße. Dazwischen beschäftigte sich Broll-Pape mit klassischen Stoffen, die sie klug sezierte. Der „Reigen“ nach Arthur Schnitzler vor einer großen Spiegelwand und auf drei Figuren reduziert zählt bis heute zu ihren liebsten Inszenierungen.

Auf die Klassik-Sparte setzte sie später immer hartnäckiger – auch weil ein finanziell stets klammes freies Theater die Einnahmen aus der Abendkasse gut gebrauchen kann. Neben „Macbeth“ oder „Kunst“ gelang ihr vor allem mit den „Buddenbrooks“ ein beachtlicher Wurf. Diese will sie als einzige ihrer Bochumer Inszenierungen mit neuer Besetzung demnächst auch in Bamberg zeigen.

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Broll-Pape erwartet Sturm der Entrüstung

Bamberg? Unter Theaterleuten gewiss nicht die erste Adresse, doch Sibylle Broll-Pape freut sich auf die neue Aufgabe. „Einen Wechsel hatte ich gar nicht vor“, meint sie fast entschuldigend. Doch die Stadtoberen hätten sie als neue Intendantin gerne haben wollen. „Nachts auf der Autobahn kam das Angebot“, sagt sie. „Meine Kinder fanden das cool.“

Im E.T.A.-Hoffmann-Theater trifft sie auf gewachsene Strukturen, 100 Mitarbeiter zählt das Haus. Doch wer Broll-Pape kennt, der weiß, dass sie es sich im Frankenland nicht gemütlich machen wird. „Mein Vorgänger war 26 Jahre im Amt und hat viel Musicals und Operette spielen lassen“, erzählt sie. Dem setzt sie jetzt einen stattlichen Theater-Spielplan entgegen – mit jungem Ensemble, jungen Texten und dem „Nibelungen“-Brocken gleich zum Auftakt. „Ich mache mich auf einen Sturm der Entrüstung gefasst“, sagt sie. „Das werden spannende Zeiten.“