Bochum. . Im Mordprozess um den Tod eines zweijährigen Mädchens sagte die Mutter unter Weinkrämpfen aus - sechseinhalb Stunden. Und die Vernehmung geht weiter.

Dieser Gang in den Zeugenstand war für die 28-jährige Frau wohl einer der schwersten Momente ihres Lebens. Die Frau schilderte am Freitag im Mordprozess vor dem Schwurgericht, wie sie zu Hause in Riemke ihre Tochter (2), ihr einziges Kind, am Morgen des 24. November tot im Bett aufgefunden hatte.

Sie hatte ihr noch die verschnupfte Nase abgeputzt und wunderte sich, dass sie dadurch nicht wach wurde. „Boah, die schläft aber fest“, habe sie gedacht und „Aufstehen“ gerufen, schilderte die Zeugin. Dann bricht sie in einen Weinkrampf aus, wie ihn das Gericht sicher nur extrem selten erlebt hat. Die Aussage, die zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als fünf Stunden gedauert hatte, wurde zu einem einzigen Schmerzensschrei.

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Wenige Meter neben ihr sitzt der mutmaßliche Mörder des Kindes, den sie nach der Geburt ihrer Tochter kennengelernt hatte und der ihr Lebensgefährte (39) war. Der bis zu seiner Inhaftierung als Hausmeister im Polizeipräsidium tätige Mann soll die Kleine mit gespritztem Insulin vergiftet und dann mit einem Kissen oder der Hand erstickt haben.

Das Kind, glaubt Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann, soll ihm in der Beziehung und bei seinem Plan, mit der Kindesmutter ins Ausland auszuwandern, im Wege gestanden haben. Doch der Angeklagte beteuert seine Unschuld. Vielmehr sei sein Sohn (14), der mit in der Patchwork-Familie lebte, der Täter; was dieser wiederum heftig bestreitet.

„Bitte bleib bei mir! Lass mich nicht allein!“

Vor diesem seelisch brutalen Hintergrund musste die Kindesmutter minuziös die Situation in der Familie beschreiben – auch die Szene, als sie ihr Kind, das sie für schlafend hielt, aber schon seit Stunden tot war, um 7 Uhr früh entdeckte. Da hatte sogar schon die Leichenstarre eingesetzt. „Sie hat sich nicht gerührt! Sie hat sich nicht gerührt!“, weint die Zeugin in vollkommener Erschütterung und berichtet, wie sie in Panik die Polizei gerufen habe: „Mein Kind atmet nicht! Hilfe!“

Knieend habe sie ihre Tochter angefleht: „Komm zurück, bitte! Ich brauche dich! Bitte bleib bei mir! Lass mich nicht allein!“ Momentweise hatte sie nicht wahrhaben wollen, dass ihr Kind nicht mehr lebte und so getan, als ob es noch atme und friere, denn es sei „hart, steif und eiskalt“ gewesen. Bei der Obduktion wollte sie dabei sein: Die Kleine habe doch „noch nie eine richtige OP gehabt, sie braucht doch ihre Mama“.

Wie sie selbst hatte auch der jetzt Angeklagte die Leiche zum Abschied geküsst, auf die Stirn, wie die Zeugin sagte. Doch das habe er „so leblos, so unmenschlich, so herzlos“ getan.