Bochum. ADFC setzt sich für mehr Radwege ein. Vieles ist erreicht, noch mehr zu erreichen. Clubchef Kuliga sagt: Mentalität der Politik muss geändert werden.
Wenn er von Amsterdam spricht, strahlen die Augen von Klaus Kuliga, dem 1. Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Bochum. In der Niederländischen Hauptstadt hat der Siegeszug des Fahrrads schon seinen Zenit erreicht, ist die Zweirad-Welt in Ordnung. Ganz anders sieht das in Bochum aus. „Bochum ist, gemessen an den Maßstäben, erschreckend provinzial“, sagt er. Das Problem sieht er vor allem im Selbstbild der Stadt. Bochum definiere sich als Autostadt, in der das Fahrrad nur wenig Platz habe. Und das schlägt sich unter anderem auch in den Straßen nieder. Viele Bürger verzichteten in der Stadt auf das Rad, weil ihnen die Fahrt auf den hiesigen Straßen schlicht zu gefährlich sei.
Hier kommt eines der vielen Betätigungsfelder des ADFC ins Spiel. 1989 hat sich der Bochumer Kreisverband gegründet, seitdem ist er in der Politik tätig, und versucht, die Verantwortlichen in der Stadt von der Notwendigkeit der Fahrradfreundlichkeit zu überzeugen: „Um eine Stadt fahrradfreundlich zu machen, muss man die gesamte Stadt umkrempeln. Nicht nur die Straßen, sondern auch das Denken in den Köpfen der Politiker und der Verwaltung“, sagt Kuliga.
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Erfolge hat der Club mittlerweile einige zu verzeichnen. Beste Beispiele sind die Fahrradstreifen auf der Universitätsstraße und der Herner Straße. Doch auch Baustellen, kann der Vorsitzende mindestens ebenso viele nennen. Mal werde der Fahrradfahrer einfach übergangen, mal würden Ideen unvorteilhaft umgesetzt.
Wasserstraße ist suboptimal
Ein Beispiel sei die Kreuzung Universitätsstraße/Wasserstraße, so Kuliga. Wollen die Fahrradfahrer hier abbiegen, können sie das durch eine Methode tun, die sich „indirektes Linksabbiegen“ nennt. Der Fahrradfahrer fährt erst geradeaus über die Kreuzung und überquert schließlich die Straße. In der Theorie ist das eine zuverlässige Methode, doch in der Praxis existierten laut Kuliga an der Wasserstraße derzeit noch massive Probleme. So sei die Ampel beispielsweise von der Position des stehenden Fahrradfahrers aus nicht sichtbar. Doch nicht nur politisch ist der ADFC aktiv. Der Bochumer Club steht in Sachen Fahrrad mit Rat und Tat zur Seite, bietet Radtouren an und kann auch zum Beispiel mit Fahrradkarten aushelfen.
Das Rad ist auf dem Vormarsch, da ist sich Kuliga sicher, die Fahrradrevolution hat begonnen. Dass ein Verein wie der ADFC da nur nützlich sein kann, zeige sich immer wieder: „Letztens hatten wir einen Termin bei einem Notar. Nachdem alles besprochen war, fragte er uns dann noch, ob wir wüssten, wie er in Zukunft am besten mit dem Fahrrad von Witten zu seinem Bochumer Büro kommen könnte.“
Junge Gruppe liebt das Zweirad
Nicht nur der ADFC kümmert sich um die Belange der Zweirad-Fans, auch die Gruppe „urbanRadeling“ möchte den Bochumern das Radfahren wieder näherbringen. Allerdings auf eine etwas andere, fast ergänzende Art und Weise. Die Gruppe sieht sich keineswegs als Kontrahent zum ADFC. Die Mitglieder von „urbanRadeling“ sind auch Mitglied im Fahrradclub, beide Gruppen veranstalten gemeinsame Aktionen. Dennoch haben die Stadt-Radler einen Vorteil dadurch, dass sie bewusst keinen Verein darstellen, sondern nur als eine lose Gruppierung auftreten. „So sind wir auf jeden Fall ein wenig flexibler“, sagt Jens Eschmann, Mitglied der Gruppe.
Außerdem sei man derzeit von den Mitgliedern her noch deutlich jünger als der ADFC. Die Initiative hat sich 2014 gegründet und versucht seitdem, mit außergewöhnlichen Aktionen die Stadt darauf aufmerksam zu machen, dass beim Thema Fahrrad noch Handlungsbedarf besteht. Gerade Fahrradwege und Abstellplätze wünscht sich die Bürgerinitiative noch weit öfter in Bochum.
Eine der Aktionen, um auf das Defizit aufmerksam zu machen, ist die „Critical Mass“: Jeden dritten Freitag im Monat trifft sich eine Gruppe Fahrradbegeisterter um 18 Uhr an der Alsenstraße 27, um zusammen für anderthalb Stunden durch die Bochumer Innenstadt zu fahren: „Dabei wollen wir nicht bewusst den Verkehr behindern, sondern einfach Präsenz zeigen. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass Fahrradverkehr auch Verkehr ist“, so Eschmann. Am 30. Mai wollen die Fahrrad-Freunde außerdem mit Kindern der dritten Klasse der Liboriusschule eine Spielplatz-Tour auf dem Rad veranstalten. Und am 13. Juni stattet die Bürgerinitiative der Stadt Wuppertal einen Besuch ab, um mit der Wuppertal Bewegung über die Entstehung des Nordbahntrassen-Radwegs zu reden.