Bochum. . Auf „Leas Hochzeit“ tummeln sich Partygäste, die den Holocaust überlebt haben. Premiere am Samstag in den Kammerspielen.
Nach dem großen Erfolg mit dem intensiven Drama „Freitag“ ist der niederländische Regisseur Eric de Vroedt zurück am Schauspielhaus. „Das freut uns total“, strahlt Dramaturg Olaf Kröck, „denn Eric ist ein gefragter Mann.“ Der 42-jährige Theatermacher wird demnächst Intendant am Nationaltheater in Den Haag.
Für seine Rückkehr ans Schauspielhaus hat Eric de Vroet erneut seine niederländische Truppe (für Bühne, Kostüm und Musik) mitgebracht, die er schon lange um sich schart. Gemeinsam bringen sie das Stück „Leas Hochzeit“ seiner Landsmännin Judith Herzberg in den Kammerspielen auf die Bühne, dessen Uraufführung 1982 in Amsterdam ein echter Paukenschlag war.
„Das wurde dort ganz oft gespielt und heiß diskutiert“, sagt de Vroedt. „Seither hat sich in den Niederlanden nie wieder einer dran getraut.“ In Deutschland gab es bislang nur wenige Aufführungen, am bekanntesten wurde eine Inszenierung am Deutschen Theater Berlin durch Stephan Kimmig.
Am Abend von Leas dritter Hochzeit
Das Stück ist fest verankert in Amsterdam des Jahres 1972 am Abend von Leas mittlerweile dritter Hochzeit. Auch ihr neuer Ehemann Nico hat bereits zum zweiten Mal das Ja-Wort gegeben. Die Zuschauer werden somit Zeuge der Hochzeitsfeier einer gutbürgerlichen jüdischen Großfamilie, wo sich neue und alte Beziehungen kreuzen und familiäre Konflikte ausgetragen werden.
Lea und ihre Eltern sind Überlebende der deutschen Judenverfolgung. Während die Eltern von den Deutschen in ein Lager deportiert wurden, ist Lea im Alter von drei Jahren bei einer fremden Familie versteckt worden. Erst mit sieben Jahren kehrte sie zu ihren Eltern zurück. „Dieses Verstecken von Kindern gab es europaweit und führte zu gravierenden biographischen Brüchen“, sagt Olaf Kröck.
Feier findet hinter der Bühne statt
Bei Leas Hochzeit sind nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihre Ziehmutter anwesend. Die Mutter und der Bruder ihres Ehemanns wurden im KZ ermordet. „All dies bildet das traumatische Hintergrundrauschen“, sagt Kröck. „Aber es ist kein Stück über den Holocaust, sondern eine Familiengeschichte“, stellt de Vroedt heraus.
Der Clou: Der Zuschauer sieht nicht den Festsaal, in dem die Feier stattfindet, sondern den Flur daneben. „Die eigentliche Feier mit Musik und großem Essen findet quasi hinter der Bühne statt und kommt durch die Türen hinüber geweht“, sagt Eric de Vroedt. Im Zuschauersaal werde man somit Zeuge einer fetten Party, die langsam immer wildere Wogen schlage – Polonaise und Alkoholeskapaden inklusive.
Autorin rät: „Mach es leicht“
Die Autorin Judith Herzberg zählt im Alter von 80 Jahren zu den bekanntesten Dramatikerinnen der Niederlande. Schon vor einigen Wochen habe sie eine erste Probe ihres Stücks „Leas Hochzeit“ am Schauspielhaus besucht.
„Sie gab mir nur diesen einen Rat: ‘Mach es leicht’“, sagt der Regisseur Eric de Vroedt. „Judith Herzberg möchte auf keinen Fall, dass die Schauspieler auf der Bühne die Schuld zweier Weltkriege mit sich herum schleppen. Das ist ihr extrem wichtig.“ Die Autorin wird bei der Premiere übrigens dabei sein, sie kommt extra aus Israel eingeflogen.
Premiere am Samstag, 16. Mai, 19.30 Uhr. Wieder 22. Mai sowie im Juni. Karten: 0234 / 33 33 55 55.