Bochum. . Oberbürgermeister hatten Abschaffung der Einzelfallprüfung gefordert. Stadt will Zahl der in Bochum lebenden abgelehnten Asylbewerber nicht kennen.
Ihr Dringlichkeitsantrag für mehr Flüchtlingsschutz ist am Donnerstag letzter Woche im Rat zwar gescheitert. Aber nicht nur die Fraktion der Linken ist empört über ein Schreiben von insgesamt 16 Oberbürgermeistern aus dem Ruhrgebiet – darunter auch Bochums Dr. Ottilie Scholz – an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).
In dem Brief fordern die Stadtoberhäupter unter anderem, dass „die Voraussetzungen, bestandskräftig abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurück zu führen, nicht unnötig und auf dem Verodnungswege für Nordrhein-Westfalen erschwert werden“. Sie beziehen sich auf zwei Erlasse aus den Jahren 2010 und 2014.
Ihre Forderung, Einzelfallprüfungen für besonders schutzbedürftige Personen – diskriminierte Minderheiten, minderjährige Kinder, Kranke oder Pflegebedürftige – abzuschaffen, ist aus Sicht der Bochumer Linken „unmenschlich und ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich hier in Bochum für Flüchtlinge und gegen die brutale Abschiebepolitik engagieren“, sagt Linken-Ratsherr Horst Hohmeier.
Bis Ende März 2015 ist die Zahl der Asylbewerber in der Stadt auf 930 gestiegen
Ähnlich äußert sich der in Bochum ansässige Flüchtlingsrat NRW, der den Brief als „unsachlich und irreführend“ bezeichnet. Es fehle an Lösungsansätzen, stattdessen „wird die derzeit überall deutlich zu Tage tretende Überforderung der Kommunen sichtbar“.
Bis Ende März 2015 ist die Zahl der Asylbewerber in der Stadt auf 930 gestiegen. Das sind fast doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Die Zuwachsrate von 92,6 Prozent liegt deutlich über der Entwicklung im gesamten Land. Von 2014 bis 2015 wuchs die Zahl der Asylbewerber in NRW lediglich um 57,9 Prozent. Geringer als NRW-weit (70,6 Prozent) ist indes in Bochum die Zunahme der Folgeanträge. Die Zahl stieg von 83 auf 130 (56,6 Prozent).
Zahl der abgelehnten Asylbewerber
Wie viele „bestandskräftig abgelehnte Asylbewerber“ momentan in der Stadt leben, kann die Verwaltung nach Auskunft der Pressestelle nicht geben. Dabei sind die Städte gehalten, eine durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausgesprochene Ablehnung eines Asylantrag „durchzusetzen“, wie es in einer Verwaltungsmitteilung der Stadt heißt. Das Auslanderbüro der Stadt müsste daher sehr wohl die Zahl der abgelehnten Asylbewerber kennen. Denn das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführte sogenannte Ausländerzentralregister listet genau diese Gruppen dezidiert auf. Eingegeben würden diese Daten von der Stadt.
Eingegangen ist im übrigen mittlerweile die Antwort der Ministerpräsidentin auf das Bürgermeisterschreiben. Darin erteilt sie dem Ansinnen von Bochums Oberbürgermeisterin und ihren Kollegen eine klare Absage. „Nach meiner Überzeugung sollte der Entscheidung über die Rückführung aus humanitären Gründen in bestimmten problematischen Konstellationen bei besonders schutzbedürftigen Personen eine sorgfältige Einzelfallprüfung vorausgehen“, heißt es in dem Schreiben.