Malerische Winkel im Gerberviertel sind alle verschwunden
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Bochum. Die dicht aneinander gedrängten, winkeligen Häuschen sind längst Geschichte. Dabei schlug hier, im „Karott“, einst das Herz Bochums.
Die Gegend rund um die Propsteikirche kennt man als die Bochumer Altstadt, doch die typische „Altstadt“, an die man bei dem Wort denken mag, sie existiert schon lange nicht mehr.
Nicht nur die Große und die Kleine Beckstaße mit ihren dicht aneinander gedrängten, winkeligen Häuschen sind verschwunden, auch das alte Gerberviertel ist längst Geschichte. Dabei schlug hier, im „Karott“, einst das Herz Bochums.
Kohle und Stahl machten Bochum zu einer Industriegroßstadt
Einst, das ist allerdings lange her. Denn die Altstadt bezeichnet den ehemaligen Stadtkern des Ackerbürgerstädtchens, welches Bochum war, bis Kohle und Stahl ab dem frühen 19. Jahrhundert aus ihr eine Industriegroßstadt machten.
Blick in die Stadtgeschichte
Vieles, was einmal in Bochum war, ist inzwischen vergessen. Aber manches wissen die alten Bochumer noch von früher. Und die jungen sind neugierig, es zu erfahren.
Mit „Bochum historisch“ wirft die WAZ einen Blick in die Stadtgeschichte. Unter dem Motto „So sah Bochum einmal aus“ werden verschwundene und noch sichtbare Gebäude besucht.
Wegen des großen Anklangs, den die Reihe findet, ist „Bochum historisch“ im Herbst 2016 auch als Buch im Klartext-Verlag erschienen. ISBN: 978-3-8375-1674-6; 12,95 Euro.
Übrigens: Jürgen Boebers-Süßmann, der Autor von "Bochum historisch", ist auch auf Facebook.
Wie man auf alten Zeichnungen und späteren Fotografien sieht, waren die Beckstraße und die Gerberstraße enge Gassen. Auf der Kleinen Beckstraße, durch eine „Insel“ von der Großen getrennt, ging es beschaulich zu. Noch zwischen den Kriegen konnte man hier Schüler der Freiheit-vom-Stein-Schule und des Gymnasiums an sonnigen Tagen beim Zeichenunterricht zuschauen. Die Ecke galt nämlich als malerisch, wie auch das Gerberviertel gleich nebenan mit seinen Fachwerkhäusern einen malerischen Anblick bot.
Im Bombenkrieg schwer getroffen
Die Kleine Beckstraße ist im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Krieg ganz verschwunden. Hier erstrecken sich jetzt der Erweiterungsbau des St.-Elisabeth-Krankenhauses und die Schwesternheime. Die gesamte Gegend war durch die Bomben stark zerstört worden, allerdings hatten noch bis in die 1960er Jahre hinein einige der alten Häuschen die Zeiten überdauert.
Das Gerberviertel präsentierte sich damals in der am Reißbrett geplanten „neuen Stadt Bochum“ als „ungeordnet“; jahrelang wurde diskutiert, wie das von der großzügig angelegten Brückstraße abgeschnittene alte Quartier städtebaulich aufgewertet und – im übertragenen Sinne – näher an die Innenstadt herangerückt werden könnte.
Tatsächlich hätte auch im Gerberviertel – beispielhaft wie beim Rietkötter-Haus – die Chance bestanden, ein Stück Romantik des alten, vorindustriellen „Karott“ zu erhalten, so, wie ja auch Hattingen seine hübsche Altstadt inzwischen längst offensiv touristisch vermarktet. Aber diese Chance wurde in Bochum bewusst vertan.
Erst siechte das rautenförmig zugeschnittene Areal des Gerberviertels zwischen Gerber-, Große Beck- und Brückstraße jahrelang als unansehnliche Brache und Parkplatz dahin. Zwischen 1986 und 1990 erfolgte schließlich die Komplettüberbauung mit einem zentralen, verglasten, offen gestalteten Wohn- und Geschäftszentrum; ein Entwurf, den die Architekten Karl Friedrich Gehse und Bernhard Kleine-Frauns bereits 1983 vorgelegt hatten.
Das planerische Ziel einer engeren Anbindung des Gerberviertels an die Einkaufszonen der Innenstadt konnte indes nicht erreicht worden. Nach wie vor fristet es, obwohl mitten in Bochum gelegen, ein Dasein im Abseits.
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