Bochum. . Das Modellprojekt der Hochschule für Gesundheit soll ambulante Situation von Schlaganfall-Patienten verbessern. Ehrenamtliche unterstützen Alltag.
Nach dem zweiten Schlaganfall im Januar 2014 war für Wolfgang und Barbara Gröbe nichts mehr wie es war. „Für alles brauche ich jetzt Hilfe. Das ist das Problem“, sagt der 71-Jährige, der seither im Rollstuhl sitzt. Barbara Gröbe ist an seiner Seite und war schon in der Rehabilitationsklinik wachsam. „Ich habe die Pflege darum gebeten, mir bestimmte Dinge zu zeigen“, schildert sie. Dennoch war die Rückkehr nach Hause für das Bochumer Ehepaar ein Sprung ins kalte Wasser. Ängste und Unsicherheiten plagten die agile Frau. Als Barbara Gröbe in der Zeitung von dem Projekt „Geschulte Schlaganfallhelferinnen und Schlaganfallhelfer“ las, rief sie gleich in der Hochschule für Gesundheit (HSG) an.
Das Modellprojekt soll die ambulante Versorgung der Schlaganfall-Patienten sinnvoll ergänzen. „Der Patient wird stationär optimal versorgt, doch wenn die Leute nach Hause kommen, sind sie teils vollkommen allein und im Chaos“, schildert Prof. Kerstin Bilda von der HSG. Mit einer Fördersumme von insgesamt 325 000 Euro des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung führte ein Forscherteam in Kooperation mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe das Modellprojekt durch. 21 Teilnehmer zwischen 25 und über 70 Jahre wurden von März bis Mai 2014 an insgesamt 11 Tagen zu Schlaganfallhelfern geschult. Die Seminare beschäftigten sich mit medizinischen und juristischen Fragen zum Schlaganfall als auch mit Techniken der Gesprächsführung. Etwa die Hälfte der Teilnehmer war anschließend als ehrenamtliche Schlaganfallhelfer sechs Monate in betroffenen Familien aktiv.
Schlaganfall bei dem eigenen Vater erlebt
Bei Barbara und Wolfgang Gröbe meldete sich Regina Sielker. Die 59-jährige Heilpädagogin erlebte die Situation nach einem Schlaganfall bei ihrem eigenen Vater. „Ich weiß, wie schwierig das ist. Meine Mutter wurde immer mehr zur Pflegenden und musste alles mögliche durchkämpfen“, so Sielker.
Zu Beginn berichtete Barbara Gröbe der Schlaganfallhelferin viel über ihre Sorgen. „Beim ersten Termin hatte ich das Gefühl, da kommt ein Wust an Frust auf mich zu. Das kann ich nicht“, gesteht Sielker. Doch schon beim zweiten Termin sei es anders gewesen. Es entstand ein wöchentliches Gespräch mit den Gröbes, das Probleme lösen konnte. „Mein Leben hatte sich ja komplett verändert. Ich war Vorsitzende im Förderverein Bücherwurm, bei der Caritas, bei Tanzkreisen und im Kirchenchor“, so Gröbe, die all das auf einmal aufgeben sollte. Darüber habe sie am Anfang viel mit Regina Sielker gesprochen. Gemeinsam überlegten sie, was sie noch machen kann. Praktische Hilfe leistete die Schlaganfallhelferin, indem sei einen Arzt ausfindig machte, der Hausbesuche macht. „Ihr Können und ihre Querverbindungen sind unmittelbar wichtig für meine Lebensversorgung“, sagt Wolfgang Gröbe, der den kollegialen Umgang mit Regina Sielker ebenso schätzt.
Derzeit wird das Projekt ausgewertet, unter anderem von Sozialwissenschaftlerin Veronika Mroz, die sich von den bisherigen Erkenntnissen beeindruckt zeigt: „Es ist spannend, dass durch die reine Kommunikation eine Hilfe zur Selbsthilfe entsteht und ein Perspektivenwechsel stattfindet. Die Angehörigen lernen loszulassen und wieder in das Leben zu vertrauen“, sagt die Wissenschaftlerin.