Bochum/Witten. . Nach einem tödlichen Unfall ist eine 47-jährige Autofahrerin zu Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ein Handy war aber nicht die Unfallursache.

Es war einer der schrecklichsten Unfälle der vorigen Jahre in Bochum: Zwei Menschen starben, einer wurde extrem verletzt. Am Mittwoch wurde die Verursacherin (47) aus Witten vom Bochumer Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem muss sie 1200 Euro an die Verkehrswacht zahlen. Dass der Unfall aber - wie angeklagt - wegen einer SMS auf ihrem Handy passiert sein soll, war nicht feststellbar.

Die bisher unbescholtene Angeklagte war am Mittag des 4. März 2014 mit ihrem Cabrio auf der Hauptstraße in Langendreer auf die Gegenspur geraten. Sie fuhr mindestens 78 km/h, obwohl nur 50 erlaubt waren. Ein entgegenkommender Motorradfahrer (61) konnte nicht mehr ausweichen und wurde schwerstens verletzt. Danach krachte die Wittenerin frontal gegen einen Pkw. Dessen Fahrer (86) und die Beifahrerein (77) starben. Der Kradfahrer ist bis heute ganz schlimm geschädigt. Ob er jemals wieder arbeiten kann, ist völlig unklar.

Laut Anklage soll die 47-Jährige während der Fahrt eine SMS gelesen haben und dadurch abgelenkt gewesen sein. Dieser Vorwurf stützte sich auf die polizeiliche Auswertung des Handys. Die war aber falsch. Der Beamte, auf diesem Gebiet unerfahren, verwechselte die Weltzeit mit der Mitteleuropäischen Winterzeit (eine Stunde Unterschied). Deshalb konnte die verdächtige SMS nichts mit dem Unfall zu tun haben. Richter Dr. Axel Deutscher sprach von einer „deutlichen polizeilichen Ermittlungspanne“.

Keine Führerscheinsperre oder Fahrverbot

Die Angeklagte sagte, dass sie sich nicht an das Abdriften in die Gegenspur erinnern könne. Und ihr Handy habe sie erst nach dem Verlassen des Wracks aus der Westentasche geholt. „Das können wir nicht widerlegen“, erklärte der Richter. Warum die Frau in den Gegenverkehr fuhr, blieb völlig unklar.

Wegen des Handy-Vorwurfs stellte der Verteidiger seine Mandantin als Opfer dar. Mit zorniger Pauschalisierung und grober Verzerrung wetterte er gegen „die Presse“; sie habe seine Mandantin „ans Kreuz genagelt“. Über das Schicksal der Todesopfer und ihrer Hinterbliebenen indes verlor er im Plädoyer konkret kaum oder gar kein Wort. Der Richter: „Der Presse möchte ich keinen Vorwurf machen.“

Der Staatsanwalt wollte neben einer Bewährungsstrafe (14 Monate) auch ein dreimonatiges Fahrverbot. Darauf verzichtete das Gericht aber. Schließlich hatte die Frau bisher keinen einzigen Tag seit dem Unfall auf ihre Fahrerlaubnis verzichten müssen. Beruflich fährt sie wieder Auto, privat nicht, wie sie behauptete. Auch sie selbst war damals schwer verletzt worden. Im Prozess war sie sehr reuig. „Ich möchte mein tiefstes Bedauern ausdrücken“, sagte sie im „letzten Wort“ vor dem Urteil.

Das Strafurteil nahm sie an. Künftig könnten noch beträchtliche zivilrechtliche Forderungen auf sie zukommen.