Bochum. Hans Hatt ist ständig dem Rätsel des Riechens auf der Spur. WAZ-Redakteur Markus Rensinghoff sprach mit ihm über den Duft von Ostern.

Er ist wahlweise der Duftforscher oder der Duftprofessor. Dr. Dr. Dr. Hans Hatt ist seit 1992 Professor an der Fakultät für Biologie und Inhaber des Lehrstuhls für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Er hat den ersten menschlichen Riechrezeptor entschlüsselt und unter anderem das „Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken“ herausgegeben. Oder anders gesagt: er ist ständig dem Rätsel des Riechens auf der Spur.

Herr Hatt, wie riecht Ostern?

Hans Hatt: Für jeden anders. Es gibt nicht den allgemeinen Ostergeruch. Für jeden gibt es da persönliche Erfahrungen im Laufe seines Lebens. Wobei es dauert, bis so etwas abgespeichert ist. Das muss über mehrere Jahre hintereinander erfolgen. dann kann man für sich sagen: so riecht Ostern, dann hat man diesen Duft mit Ostern verknüpft. Also zum Beispiel, wenn die Mutter immer mit Essigwasser Eier gefärbt hat.

Wie riecht für Sie Ostern?

Hatt: Bei meiner Mutter gab es zu Ostern immer ein spezielles Gebäck: Osterbrot. Das war und roch süßlich, da waren Rosinen drin. Der Duft von Schokolade gehört für mich auch dazu. Wenn man in der Kirche war, gab es Osterkerzen, Ostersträuße. Aber noch einmal: das ist für alle individuell verschieden. Viele haben da ganz persönliche Düfte, oft ist das eben auch mit Essen und Trinken verknüpft.

Wenn ich diese Sachen rieche, erinnere ich mich. Wieso fällt es so schwer, sich einen Duft in Erinnerung, also direkt wieder in die Nase zu bringen?

Hatt: Düfte sind sehr komplex. Um sie zu erfahren, benötigt es eine Kombination von Gehirnzellen, die alle gleichzeitig arbeiten müssen. Es gibt 350 Typen von Riechzellen. Um zum Beispiel den Duft von Schokolade abzuspeichern, müssen 60 dieser Zellen stimuliert werden. Für uns ist es schwierig, Duftmuster abzuspeichern.

Kann man das lernen?

Hatt: Das geht. Parfümeure üben das täglich. Sie können dann Düfte auseinandernehmen, erkennen Anteile. Wenn wir das täglich üben würden, würden wir da auch besser werden. Dann könnten wir zum Beispiel am Duft erkennen, von welcher Firma der Schokohase ist, den wir im Nest finden.

Aber wenn ich doch einmal einen Duft wahrgenommen habe, vergesse ich ihn doch nicht so leicht wieder, oder?

Hatt: Wir haben viele Duftmuster im Gehirn. Ostern aber ist ja nicht das Fest der Düfte. Das ist eher Weihnachten. Das Osterlamm, also diese Art Kuchen, ist spezifisch. Düfte sind stabil. Den Osterduft, den man sich als Kind eingeprägt hat, der bleibt. Bei mir ist es so, dass es kein Osterbrot mehr gibt, aber ein Osterlamm mit Schokolade und der Duft eines Palmstraußes – das sind meine Osterdüfte geblieben.

Wie begehen Sie Ostern?

Hatt: Wir suchen immer noch Eier, obwohl keine Kinder mehr im Haus sind. Das ist und bleibt Tradition. Ein Nest mit Eiern, Schokolade ist dabei, ein kleines Geschenk. Manchmal lässt man die Katze danach suchen. Das Nest sollte aber unbedingt gefunden werden. Wir hatten früher einen Hund, der war auf Schokolade trainiert. Da konnte man sich drauf verlassen, der hat sie immer gefunden.

Riechrezeptoren außerhalb der Nase

Hans Hatt studierte Biologie, Chemie und Humanmedizin an der LMU München und promovierte dort 1976 in Zoologie. 1981 erhielt er die Approbation als Arzt, promovierte 1983 zum Dr. med. und habilitierte sich 1984 in Physiologie an der Medizinischen Fakultät der TU München.

2009 wurde er zum Präsidenten der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste für die Amtsperiode 2010 bis 2012 gewählt. Er wurde 2012 für weitere drei Jahre bis 2016 wieder gewählt. Seit 2013 ist er auch Vizepräsident der Union der dt. Akademien der Wissenschaften.

Hatts Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Neuro- und Sinnesphysiologie, in denen er Beiträge geleistet hat, die in mehr als 200 Publikationen dokumentiert sind. U.a. entdeckte er als erster, dass Riechrezeptoren auch in Zellen außerhalb der Nase eine wichtige Funktion haben.