Bochum. Mit der Neuausrichtung des Annington-Nachfolgeunternehmens will Vorstands-Chef Rolf Buch beides schaffen: Mieter und Anleger zufrieden stellen.

Ihren Sitz hat sie in Düsseldorf, zu Hause aber ist die Deutsche Annington an der Philippstraße in Altenbochum. Dort arbeiten derzeit 900 Beschäftigte in der Hauptverwaltung. Und auch die neue Zentrale des nach dem Kauf der Mülheimer Gagfah Group zweitgrößten Immobilien-Unternehmens in Europa wird dem Vernehmen nach in Bochum stehen, wenngleich sich Vorstandsvorsitzender Rolf Buch in dieser Frage offiziell noch bedeckt hält: „Wir sind uns unserer Verantwortung für Bochum und für die Entwicklung dieser Stadt sehr wohl bewusst. Allerdings ist der Prozess momentan noch offen.“ Sicher ist seit einigen Tagen, dass der neue Immobilien-Riese mit seinen 350 000 Wohnungen künftig unter dem Namen Vonovia firmieren wird.

Der von einer Münchener Agentur kreierte Kunstname soll einen Neuanfang dokumentieren und mithelfen, das ramponierte Image des Giganten aufzupolieren. Denn die Annington hat in den vergangenen Jahren „kräftig an einem gewissen Reputationsverlust gearbeitet“, wie Buch dieser Tage vor einigen hundert angehenden Immobilienkaufleuten am Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) in Weitmar einräumte. Dieses Negativimage zu revidieren, werde nicht einfach sein und lange dauern.

Strategiewandel

Und schon gar nicht wird es reichen, dem Unternehmen nur ein anderes Etikett zu verpassen. So hat der frühere Bertelsmann-Manager, der 2013 ins Unternehmen kam, auch nicht weniger als einen kompletten Strategiewandel eingeleitet. Während früher Wohnungen gekauft wurden, um sie schnellstmöglich wieder mit Gewinn zu verkaufen, setzt er auf eine Wertsteigerung des derzeit mit 9,1 Milliarden Euro bewerteten Unternehmens durch die Modernisierung des Bestandes und neue Dienstleistungsangebote für die Mieter. Der 50-Jährige ist überzeugt, dass beides möglich ist: zufriedene, gute betreute Mieter und einträgliche Geschäfte.

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Von AndreasRorowski

Er setzt auf zwei „Mega-Trends“, wie er sagt: die energetische Sanierung und den demografischen Wandel. Eine älter werdende Mieterschaft länger und in besser gedämmten, komfortableren Wohnungen zu halten, das ist sein Ziel. „Ein Immobilienunternehmen ist nichts anderes als ein Buchclub“, so Buch. Was sich angesichts seiner Funktion im Unternehmen anhört wie ein Kalauer, ist ernst gemeint. „Im Schnitt bleiben unsere Mieter 15 Jahre bei uns – sie haben sozusagen ein ‘Wohnungsabo’. Ich als Vermieter habe sehr viel davon, wenn ich einen seniorenfreundlichen Umbau realisiere und meine Mieter dafür länger bei mir wohnen bleiben.“ Sieben Prozent Rendite ließen sich so erzielen. Beleg für den Erfolg der neuen Strategie sei die jüngste Entwicklung: Die Leerstandsquote ist von 4,5 auf 3,4 Prozent gesunken, die Instandhaltungsausgaben sind um 22,3 Prozent gestiegen.

Kostenanstieg begrenzen

Allerdings ist auch die Durchschnittsmiete pro Quadratmeter von 4,50 auf 5,55 Euro (plus 23,3 Prozent) gestiegen. Und spätestens das ruft Kritiker auf den Plan. Die wollen wissen, wie die wenig betuchte Kundschaft der Annington sich das leisten soll. Buch sagt, der Anstieg müsse sich in Grenzen halten, und erklärt den künftigen Immobilienkaufleuten, wie er das bewerkstelligen will: „Wenn wir die Kosten der Modernisierung in den Griff kriegen, schlägt sich das in den Mieten wieder.“ Die neu aufgebaute Handwerkerorganisation könne effizienter arbeiten als dies mit Fremdaufträgen möglich wäre, sie sei um 25 Prozent günstiger.

Zudem sagt der Annington-Chef den Lieferanten den Kampf an: „10 000 neue Fenster sind billiger als 100 neue Fenster.“ Kostenstrukturen sollen kontrolliert, Einkaufspreise neu verhandelt und neue Logistik-Ketten aufgebaut werden. Am Ende sollen alle profitieren: Anleger, Mieter und eine zumindest in Handwerks- und Servicebereich wachsende Belegschaft.

„Mitarbeiterzahl wird weiter kräftig wachsen“ 

Rolf Buch ist seit knapp zwei Jahren Vorstandsvorsitzender der Deutschen Annington. Der 49-Jährige kam von Bertelsmann.

In Bochum hat die Deutsche Annington nur 75000 ihrer 350 000 Wohnungen. Wird es auf absehbare Zeit Zukäufe in der Stadt geben?

Rolf Buch: „Bochum ist einer unserer wichtigsten Standorte. Auch in diesem Jahr investieren wir hier wieder in großem Umfang. Das ist ein klares Bekenntnis zu dieser Stadt. Übrigens fühle ich mich auch persönlich hier sehr wohl. Generell halten wir natürlich auch die Augen offen auf dem deutschen Wohnungsmarkt, denn die Vorteile für ein großes Wohnungsunternehmern liegen auf der Hand. Derzeit fokussieren wir uns jedoch auf den Zusammenschluss mit der Gagfah.“

Rolf Buch bei seinem Vortrag vor Azubis im EBZ.
Rolf Buch bei seinem Vortrag vor Azubis im EBZ. © Ingo Otto / Funke Foto Services

Sie beschäftigten 900 Menschen in der Unternehmenszentrale. Profitiert auch die lokale Wirtschaft von der Annington?

Rolf Buch: „Bei Modernisierungen und Reparaturen arbeiten wir mit unserer eigenen Mannschaft, das ist wesentlich einfacher, als 100 verschiedene Firmen zu koordinieren.“

Wie viele neue Arbeitsplätze werden in nächster Zeit womöglich noch in der Region durch die Wiedereingliederung von Aufgaben ins Unternehmen geschaffen?

Rolf Buch: „Gerade im vergangenen Jahr ist die Mitarbeiterzahl in Bochum kräftig gewachsen, wir werden aber weitere Kräfte im Ruhrgebiet brauchen, auch, weil neue Gebäude der Gagfah hinzukommen.“