Bochum. . Rund 1900 Männer wurden von Bochum zurück nach Buchenwald gebracht. Von dort mussten sie sich auf Todesmärsche begeben.
Konzentrationslager, das behaupteten nach dem Krieg die Leute immer wieder, das waren grauselige Einrichtungen, „irgendwo im Osten“. Dabei war das Grauen ganz nah, direkt vor der Haustür. Nur davon gewusst haben will später kaum jemand. Die beiden Bochumer Außenlager des KZ Buchenwald, eines davon befand sich an der Brüllstraße auf dem Gelände des Bochumer Vereins, wurden auf den Tag genau vor 70 Jahren aufgelöst. Wegen „Feindnähe“, wie es im damaligen Jargon hieß.
Einer, der dabei war und sich noch gut erinnern kann, ist Rolf Abrahamsohn. Der Marler wurde vor einigen Tagen 90 Jahre alt und spricht bis in die Gegenwart hinein über seine Erlebnisse, sein Leiden als KZ-Häftling. Vom August 1944 bis März 1945 musste er als Arbeitssklave in Zwölf-Stunden-Schichten in der nur wenige hundert Meter von den Baracken des Lagers entfernten Geschossdreherei des Bochumer Vereins schuften. Als das Lager 1945 evakuiert wurde, lebten noch 1326 Männer.
Bürokratie der SS funkionierte noch gut
Bis vor wenigen Jahren blieb der Zeitpunkt der Evakuierung der beiden Bochumer Buchenwald-Außenlager – das andere befand sich mit zuletzt 622 Häftlingen in der Nähe der Stahlwerke Bochum – unklar. „Heute spricht viel dafür, dass die zuletzt rund 1900 Häftlinge dieser Lager am 18. März zurück nach Buchenwald gebracht worden sind“, ist sich die Leiterin des Bochumer Zentrums für Stadtgeschichte, Dr. Ingrid Wölk, sicher. Dass sie dort am 21. März angekommen sind, war lange bekannt. Kurz vor Kriegsende funktionierte die Bürokratie der SS noch gut.
Die Aussage eines Mitarbeiters in der Krankenbaracke besagt, dass er bis zum 18. März im Lager beschäftigt war. Außerdem ist bekannt, dass rund 500 weibliche jüdische Häftlinge, die in Essen bei Krupp arbeiten mussten, sich am 17. März 1945 zu Fuß auf den Weg nach Bochum machten und dem Transport zurück nach Buchenwald zugeteilt worden sind.
Spielplatz auf dem Appellplatz
Eine Fotografie des Lager-Geländes aus dem Jahr 1954 zeigt, dass damals noch einige der bis zu 17 Baracken erhalten waren. Auf der Aufnahme ist dort, wo die Häftlinge zum Morgenappell antreten mussten, ein Sandkasten und eine Wippe zu erkennen. Im Hintergrund sind eine Halle des Bochumer Vereins und Häuser der Kohlenstraße zu erkennen. Heute erinnern nur rostige Schienen und verbogene Stahlbeton-Pfeiler an das Lager. Auf einem Teil stehen Gebäude des Umweltparks.
Für Rolf Abrahamsohn war das Martyrium mit der Evakuierung nicht vorbei. Mit Tausenden anderen Häftlingen war er auf einem der Todesmärsche von Buchenwald nach Theresienstadt. Erst am 9. Mai 1945 wurde er durch die Rote Armee bereit. Was damals vor 70 Jahren passierte, für Rolf Abrahamsohn ist es ganz nah, schrecklich nah.