Bochum. . Mit Mehrheit gab der Rat am Donnerstag Grünes Licht für die Ansiedlung eine Paketzentrums der Post. 600 neue Arbeitsplätze sollen in Laer entstehen.

Praxis schlägt Theorie. Die teuer bezahlte große Leitidee von einem ausgewogenen Branchenmix auf den nicht mehr benötigten Flächen des Autobauers Opel (Stichwort: Bochum 4.0) hat einen ersten Kratzer: Damit die auch von NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) forcierte Ansiedlung eines Paketzentrums der Deutsche Post DHL auf dem Gelände in Laer nicht am Bebauungsplan scheitert, änderte die große Mehrheit des Rates am Donnerstag wie erwartet dessen Regeln – dagegen stimmten Linke, Piraten und Soziale Liste.

Logistikbetriebe dürfen sich künftig auf dem Grundstück des ehemaligen Opelwerks I niederlassen, wenn sie „eine nennenswerte Wertschöpfung vor Ort“ garantieren und pro Hektar Grundstück 35 neue Arbeitsplätze schaffen. 600 verspricht DHL. Wie berichtet, will das Post-Unternehmen auf 15 Hektar Fläche eines der größten Paketzentren Deutschlands errichten.

Piraten sorgen sich um die Zukunft des Paketzentrums

Die Ansiedlung von Unternehmen steuern wird die Gesellschaft Bochum Perspektive 2022, in der Stadt und Opel zusammen arbeiten. Gefreut haben dürfte die Verantwortlichen der GmbH, dass der Rat in seinem Beschluss einerseits die DHL-Ansiedlung als Ausnahme genehmigt, andererseits aber Hintertüren offen lässt. Die Formulierung „nennenswerte Wertschöpfung“ ist wenig konkret. Und mit Blick auf die Arbeitsplatzdichte von 35 pro Hektar heißt es: „Hiervon kann ausnahmsweise abgewichen werden, wenn durch die Ansiedlung Synergien mit anderen Betrieben entstehen, die zu besonderen Wertschöpfungs- bzw. Arbeitsplatzeffekten in Bochum führen“.

Willkommen in der Realität

Geschichte wiederholt sich. Wie oft eigentlich sind Bochums Politiker in den vergangenen Jahren in Sachen Opel schon als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet? Gelernt haben die meisten daraus leider nichts.

Unternehmerische Entscheidungen fallen in den Unternehmen – und nicht im Rathaus. Politiker können ihren Hebel allenfalls bei den Rahmenbedingungen ansetzen. Bebauungspläne sind ein gutes Instrument. Gleichwohl müssen sie stets an der Wirklichkeit ausgerichtet werden.

Was das bedeutet, erlebt die Mehrheit des Rates jetzt. 600 Arbeitsplätze sind ein schwer schlagbares Argument. Hinzu kommt, dass die DHL-Ansiedlung von Düsseldorf aus betrieben wurde. DHL könnte auch stehen für Duin Hat (sein) Leckerchen. Das Macher-Image eines Ministers ist halt wichtiger als Bochum 4.0.

Zu viel Gummiparagrafen, leere Versprechungen kritisierten Linke, Piraten und Soziale Liste. „Der Begriff Wertschöpfung wird von DHL missbraucht, in Bochum ist ein reines Warenverteilzentrum geplant“, sagte Horst Hohmeier (Linke). „Es gibt zu viele offene Fragen“, kritisierte Andre Kasper von den Piraten. Er sorgt sich um die Zukunft des Paketzentrums in Riemke mit seinen rund 100 Mitarbeitern.

An der großen Mehrheit des Rates prallte die Kritik indes ab. 600 Arbeitsplätze könne man nicht einfach ablehnen. „Wir nähern uns ein Stück weit der Realität“, sagte Roland Mitschke (CDU) mit Blick auf die ursprünglichen Pläne. Manfred Preuß (Grüne) erinnerte an die ehemaligen Opelaner. „Die Menschen, die bei Opel in der Logistik beschäftigt waren, warten auf genau diese Arbeitsplätze.“