Bochum. . Die Jugendlichen in der Hustadt lehnen Terror-Attentate ab und wollen einen anderen Glauben leben. Mohammed-Karikaturen werden aber kritisiert.

Viele Meinungen geistern seit dem Attentat auf Charlie Hebdo durch die Presse. Eine ganz eigene Meinung dazu haben muslimische Jugendliche im Kinder- und Jugendfreizeithaus „HuTown“. „Wo steht denn bitte im Koran, dass wir Menschen umbringen sollen?“, hinterfragen sie den Anschlag auf die Satirezeitschrift im Interview.

Sie treffen sich täglich im Freizeitzentrum, um gemeinsam Fußball zu spielen, Musik zu machen oder auf der Konsole zu daddeln. Mitten in der Hustadt, in der Salafisten für ihre Sache warben und radikal-islamisches Gedankengut propagierten, leben die jungen Menschen einen ganz eigenen Glauben. Die Morde heißt hier keiner gut, auch wenn man mit den Karikaturen über Mohammed ebenfalls nicht konform geht: „Man sollte keine Heiligen karikieren. Weder den Propheten, noch Jesus oder Maria“, sagt der 13-jährige Selman, während er den virtuellen Ball durchs Stadion kickt. Die Reaktion, deswegen jemanden zu töten, sei aber vollkommen falsch.

Auf Facebook kursieren Videos

Doch noch etwas anderes ärgert viele der jungen Kurden in „HuTown“ – die Berichterstattung zu den Anschlägen: „Wenn ein Muslim so eine Tat begeht, heißt es direkt, es war wegen seines Glaubens. Bei einem Christen zum Beispiel würde das nie gesagt.“

Ein paar der Jungen sind sogar der Meinung, dass diese Tat im Grunde nie so passiert ist, eine Inszenierung war, und tatsächlich nur so gespielt wurde, um den muslimischen Glauben ins schlechte Licht zu rücken. Grundlage für diese Meinung ist ein Video, das auf Facebook kursiert, und gewisse Ungereimtheiten im Fall Charlie Hebdo aufzeigen will.

Schwerpunkte liegen auf Sport und Musik

„HuTown“ ist ein Kinder- und Jugendfreizeithaus und existiert seit zwölf Jahren.

2010 hat es eine Neukonzeptionierung erfahren. Seitdem liegen die Schwerpunkte des Hauses auf Sport und Musik.

In „HuTown“ kommen Kinder und Jugendliche von acht Jahren bis Mitte 20 zusammen. Pro Tag hat das Haus etwa 30 bis 60 Besucher, davon 99 Prozent mit Migrationshintergrund. Unter anderem hat das Zentrum einen Kunstrasenplatz und ein Tonstudio zu bieten. Wöchentlich gibt es ein Turnier- und Kochangebot. Dank einer Stadtwerke-Finanzierung kann in diesem Jahr auch eine Sportfreizeit stattfinden.

Zumal so eine Aktion mit dem Glauben, den die jungen Muslime kennen, nichts zu tun hat. „Dass wir trotz allem in einen Topf mit denen geworfen werden, finde ich nicht in Ordnung“, sagt Robin, ein 16-jähriger Gymnasiast.

Kinder wollen zuhören und mitdiskutieren

Angst vor Gegenreaktionen wie den Demonstrationen der Pegida habe er zwar direkt nicht, „aber die Befürchtung, dass solche Gedanken auch zu uns kommen könnten.“ Bisher merken die Jugendlichen allerdings noch nichts davon. In der Schule ist von Fremdenfeindlichkeit auch nach den Anschlägen keine Spur. Vielmehr regten die Lehrer sogar zu einer differenzierten Meinung an. „Mein Eindruck ist, dass im Tagesdienst das Thema keine große Rolle spielt“, sagt Sebastian Mayer-Druzba, Leiter des Freizeitheims.

„Der Eindruck meiner Kollegen ist auch so. Aber die Kinder sind schon bereit, zuzuhören und mitzudiskutieren, wenn das Thema zur Sprache kommt. Meine These, warum das so ist: Hier im Freizeitheim geht es mehr darum, Sport zu machen und seichtere Themen anzugehen als über Politik zu reden. Aber das heißt nicht, dass die Kinder uninteressiert sind.“