Bochum. Am 22. Januar erklingt Hans Pfitzners selten aufgeführte Eichendorff-Kantate „Von deutscher Seele“ für großen Chor und Orchester an der Ruhr-Uni. Hans Jaskulsky leitet den Abend.

Mit Hans Pfitzners Romantischer Kantate „Von deutscher Seele“ bringt Hans Jaskulsky am 22. Januar ein gewichtiges Werk zur Aufführung. Annähernd 200 Sänger und Musiker wirken mit. Mit dem Universitätsmusikdirektor sprach WAZ-Kulturredakteur Jürgen Boebers-Süßmann.

Wie kam es zu der Entscheidung gerade für dieses Werk?

Hans Jaskulsky: Ich hatte „Von deutscher Seele“ 2002 schon einmal in Bochum aufgeführt; es ist ein Werk, das mich damals tief berührt hat. Und wenn man von einer Komposition einen tiefen Eindruck bekommen hat, bleibt immer der Wunsch, es noch mal zu versuchen. Und es besser zu machen.

Was ist denn an „diesem“ Pfitzner für Sie anders als vor zwölf Jahren?

Jaskulsky: Man sieht in so einer Komposition nach so langer Zeit vieles klarer, man liest bestimmte Stellen der Partitur anders, vieles ist deutlicher als damals. Nach wie vor liegt aber der Reiz der Erkenntnis darin, dass jedes Lied in diesem Werk seine eigene Qualität hat, und dass sie doch alle miteinander verbunden sind.

„Von deutscher Seele“ ist eine Kantate, die Sprüche und Gedichte von Joseph von Eichendorff aufnimmt - für vier Soli, gemischten Chor, Orchester und Orgel. Ein im Wortsinn großes Werk.

Jaskulsky: Das stimmt. Vor allem, weil gerade in diesem Werk alles, was Pfitzner als Komponisten ausmacht, in vielfältiger Weise enthalten ist. Das ist sehr reizvoll, aber auch sehr herausfordernd.

Wie gestalteten sich die Proben angesichts dieser Herausforderung?

Aufführung im Audimax der Ruhr-Uni

„Von deutscher Seele“ – Romantische Kantate von Hans Pfitzner nach Texten von Joseph von Eichendorff. Aufführung am 22.1. im Audimax der Ruhr-Uni, 20 Uhr, AK 20/erm. 10 Euro.

Mitwirkende sind der Chor der Ruhr-Uni, die BoSy und die Solisten R. Broberg (Sopran), M. Hilmes (Alt), C. Welch (Tenor) und B. Driessen (Bass). Die Gesamtleitung hat UMD Hans Jaskuslky.

Jaskulsky: Es musste zunächst vieles erklärt werden, denn der chorsymphonische Zusammenhang ist hier doch ein besonderer. Der Chor singt zum Beispiel nicht durchgängig, manchmal nur während zweier Takte. Das erfordert ein Umdenken im Kopf, auch hohe Konzentration.

Das Stück ist im weitesten Sinne spätromantisch, aber es klingt auch sehr „modern“.

Jaskulsky: Das gerade macht Pfitzner (1869-1949) ja aus, dass er nicht „gestrig“ wirkt, obwohl er aus dem 19. Jahrhundert kommt. Tatsächlich war die Komposition, als sie 1921 erschien, auch auf eine gewisse Art avantgardistisch. Der Speer der Harmonik zum Beispiel ragte schon ganz weit in die damalige Moderne hinein.

Hans Pfitzner ist wegen seiner nationalen und antisemitischen Haltung nicht unumstritten.

Jaskulsky: Sieht man den Menschen in seiner Zeit, darf man das nicht ausblenden, zum Beispiel, wie abfällig er sich über das Judentum geäußert hat; das ist ungenießbar und unakzeptabel. Aber wir nehmen heute ja als wache Menschen dieses Phänomen wahr, und wir müssen uns dem stellen. Aber doch kann ich sagen: das Werk lohnt sich! Es ist untadelig in seiner Art als autonomes Kunstwerk. Nur um dieses geht es.