Bochum. . Zwei neue Stolpersteine sind am Mittwoch in der Bochumer Goethestraße für das jüdische Ehepaar Günzburger verlegt worden. Es kam im KZ Bergen-Belsen ums Leben. Paten der kleinen Denkmäler sind Enkelin Hanneke Schmitz sowie Schüler der Goethe-Schule.
Behutsam werden die zwei goldfarbenen Steine in den Gehweg in der Goethestraße gelassen. Fußgänger werden künftig bildlich über sie „stolpern“. Denn die Stolpersteine sind eine Erinnerung. Mittlerweile sind sie überall in der Stadt zu finden und erinnern an Menschen, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind. In der Goethestraße 14 wird an das jüdische Ehepaar Julius und Sophie Günzburger erinnert. Dort befand sich ihr letzter freiwilliger Wohnsitz. Das Stadtarchiv hat am Mittwoch gemeinsam mit den Paten die Steine verlegt. Die Patenschaft hat die Enkelin Hanneke Schmitz mit Ehemann Peter sowie ein Oberstufen-Geschichtskurs der Goethe-Schule übernommen.
Großvater arbeitete bei Flottmann
Die Geschichte des Ehepaar Günzburger ist bewegend. Peter und Hanneke Schmitz haben seit 2012 daran recherchiert und versucht den Lebensweg von Hannekes Großeltern zu rekonstruieren. „Das Legen des Stolpersteins ist für mich ein schöner Abschluss dieser Arbeit und auch eine Würdigung“, erklärt die 72-Jährige, die nur ein Bild von sich als Baby mit ihren Großeltern besitzt. Erinnern kann sie sich nicht an sie.
Der im Jahr 1875 in Emmendingen geborene Julius Günzburger heiratete im selben Ort seine Cousine Sophie (*1879) im Jahr 1900. „Es war seine Sandkastenliebe“, weiß Peter Schmitz, der mit seiner Frau die Familiengeschichte in den Archiven von Aachen bis Zwickau durchstöbert hat. Drei Kinder hatten die Günzburger: Kurt, Erna und Fritz. Er ist Hannekes Vater.
179 Stolpersteine in der Stadt seit 2004 verlegt
Seit 2004 sind mittlerweile 179 Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demming in der Stadt verlegt worden.
Die Paten der Goethe-Schule (12. Klasse) haben sich mit der Geschichte der Günzburger im Geschichtsunterricht mit ihrem Lehrer Tobias Ossmann beschäftigt und das Ehepaar Schmitz auch persönlich kennen gelernt.
Für die Arbeit in den Flottmann-werken in Herne ist der Diplom-Ingenieur Julius mit seiner Familie ins Ruhrgebiet gezogen. „Wohnen wollte er aber in Bochum – es zog ihn in die größere Stadt“, weiß Peter Schmitz. Am 10. November 1938 wurde der dreifache Vater dann nach Sachsenhausen deportiert.
Flucht ins Ausland
„Nach 14 Tagen kam er aber frei, denn sein Sohn Fritz hatte ihm eine Einreiseerlaubnis für Holland besorgt“, so Schmitz. Dorthin zog er dann 1939 mit seiner Ehefrau Sophie. Die bereits erwachsenen Kinder flohen alle ins Ausland. 1943 wurde das Ehepaar nach Westerbok in den Niederlanden deportiert. „Als ‘Austausch-Juden’ kamen sie dann nach Bergen-Belsen und warteten darauf mit Deutschen aus Palästina ausgetauscht zu werden. Das wäre ihre Freiheit gewesen“, hat der 69-Jährige recherchiert. „Doch der Tausch hat nie stattgefunden und 1944 sind beide im Lager umgekommen. Wahrscheinlich sind sie verhungert.“ Das Ehepaar Schmitz wird weiter recherchieren und im kommenden Jahr ein Buch mit der Familiengeschichte der Günzburger veröffentlichen.
Im November haben sie in Bergen-Belsen einen Grabstein für die Großeltern aufgestellt.