Bochum. . Hans Burgmann war Bauleiter der Stadt Bochum. Über den Stadtbahn-Bau sagt der heute 77-Jährige: „Wir haben damals Pionierarbeit geleistet.“
In eine Zeit des Aufbruchs und der Erkenntnis, dass der Individualverkehr gerade in den Kernstädten des Ruhrgebiets wie Bochum an Grenzen stößt, fällt der Beginn des Stadtbahnbaus in dieser Stadt.
Er begann konkret mit dem ersten Spatenstich am 5. Juli 1971 für das Baulos A 1, heute besser bekannt als Bahnhof Schauspielhaus. Es war der erste U-Bahnhof Bochums.
„Wir haben damals Pionierarbeit geleistet“
Dipl. Ing. Hans Burgmann, der einst als Bauleiter für die Stadt die Verantwortung für etliche Baulose hatte, erinnert sich noch gut an diese frühen Jahre: „Wir haben damals Pionierarbeit geleistet. Das war so spannend wie aufwändig – mit einem sehr hohen Maß an Verantwortung und Bereitschaft.“
Der heute 77-Jährige strahlt diese Begeisterung noch immer aus. Wir treffen ihn tief unter der Herner Straße im Stadtbahnhof Bergbaumuseum. Zwischen Februar 1981 und Mai 1983 entstand der Bahnhof, einer von heute 22 Stationen auf dieser Linie.
Er ist Bestandteil der bis heute am stärksten befahrenen Strecke der U 35, Campuslinie, die Herne mit der Ruhr-Universität verbindet. Täglich wird sie von knapp 90 000 Fahrgästen genutzt.
Große Bohrer treiben Ausbau voran
Nachdem zu Beginn – wie am Schauspielhaus – noch in offener Bauweise riesige Gruben ausgehoben wurden, entstanden die Röhren später, wo von der Geologie her möglich, in der „Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode“.
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Mit großen Bohrern trieben die Fachleute den Ausbau voran, beinahe wie riesige Maulwürfe. Das sparte Geld und ließ den Verkehrsraum darüber nahezu unangetastet. „Die Mineure, Fachleute, die ihre Erfahrungen in den großen Alpentunnel gemacht hatten, kamen zu Beginn fast ausschließlich aus Österreich“, erinnert sich Burgmann.
Und es brauchte Fähigkeiten, wie sie im Ruhrgebiet vorlagen: Ehemalige Steiger aus den kriselnden Bergwerken wurden von der Stadt angeworben.
Weitere Abschnitte folgen in den 1990er Jahren
Bis Mitte 1986 entstanden in Bochum etwa zehn Kilometer Tunnel unter dem Stadtgebiet, außer für die U 35, kamen Abschnitte der Linien 308/318 hinzu. Großzügig gefördert, verbaute die Stadt bis dahin 675 Millionen Deutsche Mark.
In den 90er Jahren sollten weitere Abschnitte der Straßenbahnen 302/310 und der 306 folgen. Vor allem die Streckenführung der Linie 306 löste eine große Debatte aus. Die Zeiten hatten sich geändert: Gegenkonzepte zu kostspieligen U-Bahnlösungen wurden präsentiert.
Möglichkeiten schienen grenzenlos zu sein
Zu Hans Burgmanns Pionierzeiten schienen die Möglichkeiten schier grenzenlos. Die Schwierigkeiten galt es zu überwinden, mit Einsatz und Ideenreichtum. Eine Anekdote aus dieser Zeit: An einer offenen Baugrube an der Hattinger Straße in den 70er Jahren kam es zu einer Panne. Die bis zu 18 Meter tiefen Gruben mussten zu den Seiten hin gesichert werden.
Meterlange Anker wurden schräg ins Erdreich getrieben. „Einmal wurde ein Bohrer abgelenkt. Flüssiger Beton drang in das Kanalsystem unter den Häusern. Das Ergebnis: Abwasser stieg im Keller an. Ausgerechnet an Heiligabend“, erinnert sich Burgmann.
Seine private Weihnachtsfeier mit der Familie musste warten und er stand in Gummistiefeln in einem stinkenden Keller. Kurz vor Mitternacht erschien der damalige Tiefbauamtsleiter Gert Laue mit seiner Ehefrau und einer Flasche Champagner. Frohes Fest!
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Dieser Artikel ist Teil des ProBO-Projektes „70 Jahre WAZ – 70 Jahre Bochum“. Unser Zeitstrahl Bochum70.waz.de bietet zu Nachrichten und Ereignissen, die für Bochum(er) zwischen 1948 und 2018 wichtig waren oder wurden, historische Filmaufnahmen, Fotos und die alten WAZ-Zeitungsseiten zum Durchblättern. Auf dem Spezial können Sie auch eigene Bochumer Stadtgeschichten und Fotos hochladen. Das erste Jahresthema der Multimedia-Chronik: die Gründung der WAZ in Bochum im Jahr 1948.
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