Oberhausen. Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen streiken viele Beschäftigte im ÖPNV. Auch Oberhausen ist massiv betroffen. Was Busfahrer dazu sagen.

Anfang Februar haben sie bereits den öffentlichen Nahverkehr in Oberhausen fast zum Erliegen gebracht. Nun, rund zwei Wochen später, legen die Beschäftigten des Oberhausener Verkehrsbetriebes Stoag wie viele andere in NRW erneut die Arbeit nieder, um für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

Wofür kämpfen die Fahrerinnen und Fahrer? Was belastet sie im Job am meisten? Welche Bedingungen sind in ihren Augen nicht mehr tragbar? Dazu haben wir bereits Anfang Februar Betroffene gefragt. So haben wir damals berichtet:

An diesem Freitag sind sie im Depot an der Max-Eyth-Straße in Buschhausen geblieben, die Busse der Stadtwerke Oberhausen AG (Stoag). Die Gewerkschaft Verdi hat zum Warnstreik aufgerufen. Die Beschäftigten der städtischen Bus- und Straßenbahnunternehmen fordern aber gar nicht mehr Geld. Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen.

Rund 20 Busfahrerinnen und –fahrer stehen am Vormittag fröstelnd vor dem Betriebsgelände. Es ist windig. Gekommen sind sie vor allem, um sich im Betriebsratsbüro in die Streikliste einzutragen. Nur dann gleicht die Gewerkschaft ihren Lohnausfall aus.

Streik in Oberhausen: Nur die privaten Busunternehmen fahren

Für 24 Stunden werden nur die Buslinien bedient, die im Auftrag der Stoag von privaten Busunternehmen gefahren werden, das sind etwa 30 Prozent. Für deren Bedienstete gelten andere Arbeitsregelungen (Tarifverträge) mit diesen Firmen. Für die Straßenbahnlinie nach Mülheim/Ruhr fährt eine Privatfirma mit Ersatzbussen.

Thorsten Kamps arbeitet für die Stoag in Oberhausen. Er erklärt, warum die Beschäftigten an diesem Freitag ihre Arbeit niederlegen. 
Thorsten Kamps arbeitet für die Stoag in Oberhausen. Er erklärt, warum die Beschäftigten an diesem Freitag ihre Arbeit niederlegen.  © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

„Wir wollen Entlastungstage haben“, sagt Thorsten Kamps, der Vize-Betriebsratsvorsitzende bei der Stoag. Das sind freie Schichten, die in einen Dienstplan eingeschoben werden. Wer einen Bus im Linienverkehr fährt, hat keine starren Arbeitszeiten. Denn die erste Fahrt in Oberhausen beginnt gegen 3.30 Uhr in der Nacht und die letzte endet um 2.20 Uhr am nächsten Tag.

Busfahrer: Manchmal nur elf Stunden freie Zeit zwischen den Schichten

„Da kann es sein, dass man um 16 Uhr Feierabend hat, aber am nächsten Morgen um 3.30 Uhr wieder antreten muss“, berichtet Ilba Tiburski (66). Sie ist nach über 25 Jahren als Fahrerin schon in Rente, fährt aber im Minijob weiter. Sonst wären die Personalsorgen der Stoag noch größer. Die Freischichten sollen es ausgleichen, dass die Zeit zwischen zwei Schichten manchmal nur elf Stunden beträgt.

Verdi fordert ebenso, dass Dienstbeginn und -ende stets am gleichen Ort stattfinden. „Wenn ich zwar am Betriebshof beginne, aber am Hauptbahnhof Feierabend habe, geht die Fahrt zurück zum Betriebshof zu Lasten meiner Freizeit“, erklärt Kamps. Der Betriebshof aber werde nur von einer einzigen Linie angefahren. Lange Wartezeiten seien die Folge. „Ohne Auto ist es schwer, bei der Stoag Fahrer zu sein“, sagt Raziano Pistone (50). Er ist seit 18 Jahren im Dienst. Wer einen der ersten oder letzten Busse fahre, könne ja bei Kollegen im Bus nicht mitfahren.

Stoag-Betriebsrat: Verspätungen zählen erst ab 15 Minuten

Die Streikenden wollen die Freischichten auch, weil ihr Privatleben, außer an freien Tagen, eingeschränkt ist. „Ich muss nüchtern bleiben“, sagt Norbert Ricken (55), der Betriebsratsvorsitzende. Zudem geht es beim Streik darum, Verspätungen von der ersten Minute an bezahlt oder mit Freizeit ausgeglichen zu bekommen. Bislang ist das erst ab 15 Minuten der Fall. Verspätungen seien aber heute häufig, sagt Kamps, wegen der vielen Baustellen.

„Die Freizeit ist ein hohes Gut geworden. Es geht nicht mehr nur ums Geld“, erklärt Ricken. Die Arbeitgeber hätten gegenteilige Vorstellungen. Sie würden gern 43 statt heute 39 Stunden Wochenarbeitszeit festsetzen.

Oberhausener Betriebsrat: Ein besserer Nahverkehr hat seinen Preis

Wie es da noch gelingen soll, die dringend benötigten zusätzlichen Fahrerinnen und Fahrer für die Stoag zu gewinnen, damit auf den Fahrplan wieder Verlass ist, ist den Streikenden schleierhaft. „Die Politik fordert einen besseren Nahverkehr, will dafür aber nicht mehr Geld ausgeben“, sagt Pistone. So könne die Verkehrswende nicht gelingen.

Rund 125 Busse und sechs Straßenbahnen setzt die Stoag in Oberhausen ein. 36 Linien (mit Nachtexpress) werden bedient. Die Zahl der Beschäftigten liegt nach Angaben Streikenden bei rund 470. Davon sind 304 Fahrerinnen und Fahrer. Der Anteil der Frauen liegt bei etwa 20 Prozent.

Immer häufiger muss man in der Freizeit für kranke Kollegen einspringen

Sorge bereitet auch den Betriebsratsmitgliedern der hohe Krankenstand bei der Stoag. Er liegt seit längerer Zeit bei 18 bis 20 Prozent. Eingeplant sind aber 14 Prozent Personalausfall. Früher waren es nur sieben Prozent.

Wenn in der Folge Fahrerinnen und Fahrer immer wieder an ihren eigentlich freien Tagen doch einspringen müssten, ohne dass das je ausgeglichen werden könne, mache das den Beruf auch nicht beliebter, heißt es.