Oberhausen. Streik! Auch in Oberhausen ruht am Freitag der Nahverkehr. Die Fahrgäste reagieren mit Frust, mancher zeigt aber auch Verständnis für Busfahrer.
Freitagmorgen, 8.30 Uhr am Oberhausener Hauptbahnhof: Zu dieser Zeit laufen hier gewöhnlich die Menschenmassen eilig aus dem Bahnhof zu den Bushaltestellen. Fast im Minutentakt setzen sich die Busse in Bewegung und verlassen den Bahnhof. Doch an diesem Freitag ist es anders: Der Busbahnhof wirkt wie ausgestorben. Das triste Grau der Pflastersteine auf dem Boden passt zur Stimmung der wenigen Fahrgäste.
Der ganztägige Warnstreik bei der Oberhausener Stoag sorgt am Freitag, 2. Februar, für Hilfe suchende Blicke bei den Fahrgästen. Den meisten ist der Ärger ins Gesicht geschrieben, viele wollten sich nicht öffentlich äußern. Doch die Probleme vereinen die Menschen: Wie komme ich an mein Ziel? Was fährt vielleicht doch?
Die Gewerkschaft Verdi hat zu einem ganztägigen Warnstreik in fast allen Bundesländern aufgerufen. Sie fordert bessere Arbeitsbedingungen und eine Arbeitsentlastung für die Busfahrer. Nicht nur in Oberhausen gehen Busfahrer an ihre Grenzen. Es fehlt an Personal. Aufgrund des hohen Krankenstandes hat die Stoag das Bus-Angebot drastisch gekürzt. Das sorgt für Frust bei Pendlern und in der Politik.
Warnstreik in Oberhausen: Fahrgäste müssen sich Alternativen suchen
Timon Buck kommt aus Wattenscheid und muss zu seinem Lehrgang in Oberhausen. Normalerweise nimmt er ab dem Hauptbahnhof den Bus in Richtung Centro Oberhausen, doch heute wartet er vergeblich. Den Streik kommentiert er deutlich mit einem Wort: „Scheiße!“ Um 6 Uhr stand der 27-Jährige auf, um sich erst in seiner Firma abzumelden und anschließend nach Oberhausen zu fahren. „Eigentlich muss ich um 8 Uhr da sein“, sagt er.
Ein Blick auf die großen Zeiger der Uhr am Bussteig 9 zeigt, dass er bereits jetzt 45 Minuten zu spät ist. Eine Möglichkeit, um doch noch an sein Ziel zu kommen, hat er bislang nicht gefunden. Buck ärgert sich vor allem, dass die Pendler schlecht informiert wurden: „Es steht überall, dass der Schienenersatzverkehr vom Bussteig 9 fahren soll. Hier kommt aber nichts.“
In den sozialen Medien entlädt sich der Frust über die Bus-Ausfälle. „Die erhöhen die Preise und kommen immer zu spät oder gar nicht“, schreibt Moritz Arnzten auf Facebook. Der VRR hatte die Preise in diesem Jahr erhöht. „Die sollen bis 2039 streiken. Teuer und grottenschlechter Service. Macht die Stoag am besten zu. Dann erspart man sich den Ärger“, lässt Patrick König Dampf ab.
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Auch Vanessa Peters ist vom Warnstreik betroffen. Sie macht derzeit ein Praktikum in unserer Redaktion, muss wegen des Streiks zu Hause im Home-Office arbeiten. Ohne Auto kommt sie von Klosterhardt nicht in die Stadtmitte. In ihrer Ausbildung hat sie sich für ein Firmenticket entschieden.
Doch am Freitag müsste sie eine Stunde zum Bahnhof in Sterkrade laufen, um mit der Bahn zum Hauptbahnhof zu kommen. Oberhausen komme ihr deshalb am Freitag vor wie ein „Dorf im Nirgendwo“: „Ich habe volles Verständnis für die Busfahrerinnen und Busfahrer, die manchmal täglich mit genervten Fahrgästen zu tun haben. Dass aber keine Sammelstelle mit ein paar Bussen für Berufstätige und Schülerinnen und Schülern eingerichtet werden konnte, damit man überhaupt vom Norden in den Süden kommt, ist schwer verständlich.“
Oberhausener zeigen Verständnis: Busfahrer sollen ihr Geld bekommen
Doch nicht alle reagieren enttäuscht über die Ausfälle. Peter Essler macht an diesem Morgen aus der Not eine Tugend und spazierte 3,5 Kilometer zum Rehasport in der Nähe des Hauptbahnhofs. Eine zusätzliche Sporteinheit für den Oberhausener bei insgesamt sieben Kilometern zurückgelegter Strecke. Verständnis für den Streik hat Essler aber trotzdem: „Ich finde das gerechtfertigt. Die Leute sollen schließlich auch ihr Geld bekommen.“
Auch auf Facebook äußern die Nutzer Verständnis für die Lage der Busfahrer. „Menschen vergessen gerne, dass freie Wochenenden/ Tage, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub und Lohnerhöhungen nicht die Idee von Arbeitgebern sind, sondern in den letzten hundert Jahren hart erstreikt wurden“, schreibt eine Nutzerin. „Wer jetzt meckert, darf sich dann nicht beschweren, wenn die Unternehmen auf Kosten der Mitarbeiter immer höhere Gewinne einfahren und Boni ausschütten, weil an den Mitarbeitern gespart wird.“ Thomas Palme pflichtet ihr bei: Solange Vorstände Millionen Euro kassieren würden, „kann gar nicht genug gestreikt werden“.