Bochum/Kiel. Bundesligist VfL Bochum tritt am Sonntag beim Tabellenvorletzten Holstein Kiel an. Gegen die Norddeutschen müssen dringend drei Punkte her.
Der VfL Bochum steht vor dem Bundesliga-Kellerkrimi gegen Holstein Kiel am Sonntag (15:30 Uhr) gehörig unter Druck. Nachdem der VfL zu Jahresbeginn zunächst ein kleines Hoch erlebte und mit einem Achtungserfolg gegen St. Pauli und einem irren Comeback gegen RB Leipzig vier Punkte holte, gingen die Bochumer in den letzten beiden Spielen gegen Mönchengladbach (0:3) und Freiburg (0:1) wieder leer aus.
Für den VfL geht es am Sonntag nun in den hohen Norden nach Kiel, wo die Bochumer erst zum sechsten Mal in ihrer Vereinsgeschichte antreten werden. Nur einmal ging der VfL dabei als Sieger vom Platz – im DFB-Pokal im November 2002, vor über 20 Jahren. Meist gab es für den VfL in Schleswig-Holstein bisher also wenig zu holen. Angesichts der Situation im Tabellenkeller der Bundesliga täte die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking allerdings nicht schlecht daran, dies zu ändern.
Vor Bochum-Spiel: Holstein Kiel mit Abwehr-Problemen
Mit Holstein Kiel erwartet den VfL der wohl schwächste Ligakonkurrent. Mit zwölf Punkten stehen die Kieler auf dem 17. Tabellenplatz und damit nur zwei Punkte vor Schlusslicht Bochum. Auch finanziell sind die Störche das Team mit den mit Abstand geringsten Mitteln in der gesamten Bundesliga. Ein Gegner also, den man als VfL Bochum schlagen muss, wenn man den Anspruch hat, weiterhin im Oberhaus zu bleiben. Doch Vorsicht sollte geboten sein, denn mit dem BVB blamierte sich vor drei Wochen erst ein anderes Ruhrgebiets-Team gehörig in Kiel und verlor mit 2:4. Auch andere Mannschaften taten sich im Holstein-Stadion schon schwer. Neun ihrer zwölf Punkte holten die Kieler an der heimischen Förde.
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Am vergangenen Wochenende verlor Holstein zwar 3:4 beim FC Bayern, kämpfte sich aber nach einem zwischenzeitlichen 0:4 wieder zurück und kam fast noch zum Ausgleich. Die Marschroute in Kiel gibt seit drei Jahren Trainertalent Marcel Rapp, 45, vor. Spielerische Defizite gleicht seine Mannschaft über kämpferische Auftritte aus, verfällt dabei aber allzu oft ins Chaos. Holstein nimmt den Abstiegskampf aber voll an ist und so unangenehm für jeden Gegner. Im Hinspiel tat sich der VfL Bochum gegen die Kieler bereits schwer, als diese beim 2:2 in Bochum im September den ersten Punkt ihrer Bundesliga-Geschichte feiern durften.
Ex-Bochumer Phil Harres treffsicherster Kieler
Vielumjubelter Torschütze damals: Shuto Machino. Der quirlige Japaner, der in Kiel mit sieben Toren zusammen mit Phil Harres der Top-Torjäger ist, traf in der 89. Minute zum späten Ausgleich – und dem VfL damit mitten ins Herz. Phil Harres kommt gebürtig aus Datteln und spielte früher in Bochum in der Jugend, wurde vom VfL aber noch als Jugendlicher aussortiert und landete über einige Umwege nun zu Saisonbeginn in Kiel, wo er voll einschlug. Neben Machini und Harres hat sich auch der erst kürzlich aus Slowenien verpflichtete David Zec zum Schlüsselspieler in Kiel gemausert und soll ein wichtiger Stabilisator für die löchrige Kieler Defensive werden.
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Um den Kieler Abwehrriegel zu überwinden, bedarf es in dieser Saison nicht allzu viel. Mit 52 Gegentoren stellt Holstein die mit Abstand schlechteste Defensive. In der Offensive hingegen waren sie dafür schon 31 Mal erfolgreich. Zum Vergleich: RB Leipzig auf Platz vier traf lediglich dreimal öfter. Auf der linken Außenverteidigerposition verpflichtete Holstein zudem kürzlich für drei Millionen Euro den vereinsinternen Rekordtransfer John Tolkin aus den USA – der allerdings bisher mehr mit Sympathien zu Verschwörungsideologien als mit Leistung von sich hören ließ.
Bochumer Geheimwaffe Myron Boadu
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Auf dem Papier ist der VfL Bochum besser besetzt – zumal er deutlich mehr Erfahrung aufweist als die kaum mit Bundesligaerfahrung gespickte Kieler Mannschaft. Wirklich gezündet haben die vermeintlichen Bochumer Topspieler bisher allerdings noch nicht. Weder Sommer-Zugang Dani de Wit, noch der letztjährige Topscorer Philipp Hofmann zeigten sich diese Saison sonderlich treffsicher. Gegen Leipzig war Myron Boadu dreifach erfolgreich. Der ebenfalls im Sommer von der AS Monaco gekommene einmalige niederländische Nationalspieler sammelte in elf Einsätzen schon sechs Scorer-Punkte und entwickelte sich beim VfL zum Mann der Stunde. Auch auf ihn wird es am Wochenende ankommen. Zu Offensiv-Chancen sollte der VfL in Kiel definitiv bekommen. Noch wichtiger wird jedoch die Bochumer Defensive sein, die dem starken Kieler Sturm entgegentreten muss. Hier hat der VfL noch deutlichen Verbesserungsbedarf: Allein in den letzten drei Spielen musste Bochum sieben Gegentore hinnehmen.
In jedem Fall ist das Spiel am Sonntag richtungsweisend. Im Falle einer Niederlage dürfte der VfL noch schlechtere Karten im Abstiegskampf haben als ohnehin schon. Nach dem Spiel in Kiel kommt Borussia Dortmund zum Derby, ehe es in den folgenden Partien gegen Wolfsburg und Hoffenheim geht. Danach hat der VfL mit Bayern, Frankfurt, Leverkusen und Stuttgart die Top-Teams der Liga vor der Brust. Die Punkte müssen also vorher gesammelt werden. Am besten schon am Wochenende an der Kieler Förde.