Bochum. De Wit als Königstransfer des VfL Bochum? Noch scheint das nicht der Fall. Eine Datenanalyse vergleicht ihn mit Vorgänger Kevin Stöger.
Der VfL Bochum ist erneut schwach in die Saison gestartet. Er hat erst einen Punkt aus sechs Spielen geholt und ist mit einem Torverhältnis 6:14 Schlusslicht. Reichlich Kritik gibt es daher an Trainer Peter Zeidler aber auch an Dani de Wit. Er wurde als Königstransfer des Bundesligisten geholt. Aufgrund der Ergebnisse und seiner Leistungen aber denken viele VfL-Fans an seinen Vorgänger Kevin Stöger zurück. Unser Kooperationspartners, das Datenanalyse-Unternehmen Createfootball, hat die beiden verglichen.
Unabhängig von der sportlichen Performance ist vorab der Hinweis wichtig, dass Kevin Stöger in 2023/24 bereits seine sechste Bundesliga-Saison bestritt und bereits im Vorjahr für den VfL auflief – während Dani de Wit neu zum VfL kam, aufgrund einer Sperre erst am zweiten Spieltag eingesetzt werden konnte und noch dazu erstmalig in Deutschland, respektive der Bundesliga spielt. Grundsätzlich unterscheiden sich beide Spieler in ihrem Spielstil ziemlich radikal voneinander:
Kevin Stöger wird je nach Feldhöhe mal als tiefer Spielmacher oder als klassischer Spielmacher eingesetzt. Er verfügt über ein hervorragendes Passspiel und sucht stets nach progressiven Lösungen auf dem Feld. Normalerweise bleibt er hinter dem Ballführenden und bietet so eine stetige Anspielstation für seine Mitspieler, nur sehr sporadisch geht der Österreicher – auch mangels Physis – in Kopfballduelle bzw. allgemein in die gegnerische Box um Flanken zu empfangen.
Dani de Wit ist mit 26 Jahren bereits ein Leader, ein Anführer. Er bestach bereits bei AZ Alkmaar durch eine hohe Zweikampfrate (dort mit 21+ Duellen/90 Minuten) sowie den meisten Pressingaktionen aller Mittelfeldspieler der Eredivisie/90 Minuten. Ihn zeichnen offensiv vor allem seine Off-Ball-Runs in die Box aus, er startet insbesondere bei Flankenmöglichkeiten in gefährliche Zonen und erzielte so zehn Tore für AZ Alkmaar
So arbeiten Dani de Wit und Kevin Stöger gegen den Ball:
De Wit kommt wie schon bei AZ Alkmaarin oft in die Zweikämpfe, führt mit 7,6 Defensivzweikämpfen/90 Minuten die viertmeisten aller 51 Mittelfeldspieler der Bundesliga, nur zu häufig finden diese im Mitteldrittel statt. Das Problem dabei: Sinnbildlich für die mangelnde Zweikampfstärke beim VfL stehen de Wits 40,6 Prozent gewonnene Bodenduelle – eine desaströse Bilanz, die nur von sechs anderen Mittelfeldspielern unterboten wird.
Druck übt der Holländer fast überall aus, kein BL-Spieler presst öfter im Angriffsdrittel, nur Ex-Bochumer Patrick Osterhage (nun Freiburg) weist mehr hochintensive Pressingaktionen/90 Minuten auf. Stolze 19 Prozent aller VfL-Pressingaktionen entfallen auf de Wit, damit liegt er satte 8 Prozent über Kapitän Anthony Losilla. Doch auch hier fehlt letztlich die klare Balleroberung, sodass sich de Wit für seinen Aufwand nur unzureichend belohnt.
2,6 Balleroberungen und 0,9 Ballgewinne unmittelbar nach Ballverlust werden von nur vier Mittelfeldspielern der Liga unterboten. Das heißt im Umkehrschluss: Diverse Akteure ackern weniger als de Wit, erobern aber mehr Bälle und sind somit als effizienter einzustufen. Top-Balleroberer der Mittelfeldspieler ist Bayerns Joshua Kimmich, ungeachtet des immensen Ballbesitzanteils der Münchner erobert er 8,5 Bälle/90 Minuten, gefolgt vom Mainzer Aktivposten Nadiem Amiri (7/90 Minuten)
Zu Gute halten kann man de Wit seine Präsenz in der Luft, wo er 7 Duelle/90 Minuten führt und damit deutlich mehr als die anderen zentralen Mittelfeldspieler seines Clubs beziehungsweise ganze 5 pro 90 Minuten mehr als der abgewanderte Stöger. Der wies in der Vorsaison eine um 6,5 Prozent bessere Quote in Bodenduellen auf, mied Kopfballduelle, hatte da auch eine miserable Quote von 21 Prozent, und positionierte sich vor allem zur spielstärkeren linken Angriffsseite mit Bernardo und Wittek – während de Wit halbrechts zum Einsatz kommt und 39 Prozent seiner Aktionen dort stattfinden.
Ins Pressing ging der Österreicher seltener, dafür aber mit fast der doppelten Effizienz. Stöger gelangen 7,1 Balleroberungen/90 Min., wovon 4,3 auf die fünf Sekunden unmittelbar nach Ballverlust entfallen. In dieser Statistik war er positionsübergreifend der effizienteste Balleroberer in Umschaltphasen der gesamten Liga.
So agieren Dani de Wit und Kevin Stöger mit Ball:
Bei den Aktionen mit Ball muss sich Dani de Wit deutlich präsenter zeigen. Nur 41 Ballaktionen/90 Minuten werden beim VfL Bochum nur von Teamkollege Losilla (40,2) unterboten. Der Rechtsfuß kommt somit nicht einmal auf die Hälfte der 85 Ballaktionen von Kevin Stöger aus der Vorsaison. Insbesondere in der zweiten Hälfte baut de Wit oft ab, wird passiver. Pro 90 Minuten gerechnet bricht rund ein Drittel seiner ohnehin wenigen Ballaktionen im zweiten Durchgang weg.
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Ist de Wit am Ball, so hat er wie schon bei Alkmaar meist keine progressive Lösung parat, spielt ganze 29 Prozent aller Bälle zurück. Nur der Freiburger Vincenzo Grifo macht das anteilig öfter. Ein Kardinalproblem im VfL-Spiel sind die ausbleibenden gezielten progressiven Pässe und Läufe, die sich insbesondere bei den Mittelfeldspielern anzulasten sind.
Schon in Alkmaar war es nie das Spiel von de Wit, den Ball über längere Distanzen am Fuß zu tragen, vielmehr legte er kurz ab, um selbst einen Offensivlauf ohne Ball (Off-Ball-Runs) zu starten. Als robuste Anspielstation für lange Bälle bietet de Wit jedoch auch ein neues Stilelement für das VfL-Übergangsspiel, so empfängt er 3.2 lange Bälle/90 Minuten erfolgreich, nur fünf Mittelfeldspieler, die allesamt wesentlich mehr Ballaktionen haben, haben mehr. Noch dazu ist er der ZM von Bochum, der mit 3,6 die meisten linienbrechenden Pässe empfängt. Im Vergleich: Bero (3,5), Sissoko (3,3) und Losilla (2,4).
Zum Vergleich: Stöger kam zwar nur auf eine Passquote von 72 Prozent, de Wit hat eine von 79 Prozent. Stöger spielte aber nur 16 Prozent und damit 13 Prozent weniger als de Wit rückwärtsgerichtet und dafür 45 Prozent aller Bälle vertikal. Bei de Wit sind es 36 Prozent.
Als Passgeber von linienbrechenden Zuspielen war Stöger in der Vorsaison das Zugpferd beim VfL. 9.5/90 Minuten sind mehr als Losilla, de Wit und Bero gemeinsam in dieser Saison zustande bringen. 6.4/90 Minuten sind die Summe der Drei. Bedingt durch das erheblich höhere Volumen an Ballaktionen verdoppelt Stöger auch de Wits Werte als Empfänger von progressiven und linienbechenden. Pässen von Mitspielern
Auf diese Art und Weise kreieren Dani de Wit und Kevin Stöger Chancen:
Bei den Torschussvorlagen wird deutlich, dass Dani de Wit ein anderer Spielertyp als Kevin Stöger ist, der mehr Gefahr durch Läufe ohne Ball als Pässe ausstrahlt. Nur 0.43 Torschussvorlagen/90 Minuten sind der geringste Wert der VfL-Mittelfeldspieler. Kevin Stöger führt derweil in Gladbach wie schon im Vorjahr in Bochum diese Statistik unter anderem vor Florian Wirtz an.
Auch auf Eins-gegen-Eins-Duelle verzichtet der Niederländer wie bereits in Alkmaar nahezu komplett. Er ist dagegen aber ein recht begnadeter Lieferant für den Strafraum, sofern er denn in die entsprechende Position gelangt. 67 Prozent seiner Pässe sind erfolgreich, bei Stöger sind es nur 38 Prozent. Er beförderte allerdings auch mehr als zehnmal so viele Bälle in die Box.
So gut - oder schlecht - sind Dani de Wit und Kevin Stöger im Abschluss:
Beim Torabschluss liegt die größte Upside von Dani de Wit gegenüber Kevin Stöger. Selbst in den für ihn persönlich und den Club durchwachsenen ersten Saisonspielen kommt der Niederländer auf einen soliden Wert von 0.14 zu erwartende Tore aus dem Spiel heraus. Er kommt aus kurzer Distanz - nur 11.9 Meter im Schnitt, drittbester Wert der Mittelfeldspieler - und aus der zentralen Zone im Strafraum zum Abschluss. 0,86 Abschlüsse aus der „Goldenen Zone“ pro 90 Minuten sind der fünftbeste Wert der Liga, werden nur von Millot (VfB Stuttgart), Doan (SC Freiburg), Svanberg (Wolfsburg) und Stage (Werder Bremen) übertrumpft.
Selbst die überragenden Offensivspieler wie Michael Olise oder Florian Wirtz kommen hier nicht an die Abschlusspositionen von de Wit heran. Kein Mittelfeldspieler wird so oft per Flanke angespielt wie de Wit (1.5/90 Min.)
Den Gegensatz hierzu bildet einmal mehr Stöger, der zwar wesentlich öfter zu Abschlüssen kam, diese aber fast ausschließlich aus der Distanz kamen. Die durchschnittliche Schussdistanz betrug 22,7 Meter) und äußerst selten aus der „Goldenen Zone“ heraus abgegeben wurden. Es waren nur drei in der gesamten Saison. Bei de Wit sind es jetzt bereits vier.