Bochum. Ernüchterung beim VfL Bochum. Nur zwei Zugänge starten in Regensburg, fast überall fehlte Qualität - Konsequenzen nach dem Pokal-Aus.

Peter Zeidler gab in der Coaching Zone alles. Der charismatische Trainer des VfL Bochum ruderte mit den Armen, gab lautstark Anweisungen, munterte auf, drehte verzweifelt ab. Es half alles nichts.

Seine Pflichtspiel-Premiere als VfL-Cheftrainer ist misslungen, 0:1 beim biederen Zweitliga-Aufsteiger Jahn Regensburg. Wieder raus im Pokal in Runde eins, wie schon im Vorjahr – ein herber Nackenschlag noch vor dem Bundesliga-Auftakt. „Heute sind wir enttäuscht, morgen auch noch. Dann geht es nächste Woche weiter“, sagte Zeidler am Sonntagabend. Der 62-Jährige machte eine Sprechpause, irgendwie wirkten seine zwei folgenden Wörter damit ein Stück weit bedrohlich: „In Leipzig“, sagte er betont.

Beim so ungleichen wie ungeliebten RB-Konstrukt startet Zeidlers Mission Bundesliga-Klassenerhalt 4.0 seit dem Aufstieg 2021. Beim Champions-League-Klub. Marktwert des RB-Kaders: knapp 500 Millionen Euro. Bochum kommt auf rund 55 Millionen Euro. Wie soll das gutgehen?

VfL Bochum und die Parallelen: Sorgen vor einem Fehlstart wie im Vorjahr

Die Sorgen vor einem Fehlstart wie im Vorjahr, als es nach der Pokalpleite beim Drittligisten Bielefeld ein 0:5 in Stuttgart setzte, als der erste Saisonsieg erst am zehnten Spieltag gelang, sind wieder greifbar rund um die Castroper Straße. In den einschlägigen Internet-Foren tobt sich der geballte Frust aus. Zu viel ging schief nach einer hoffnungsvollen Vorbereitungs-Endphase – in fast allen Mannschaftsteilen. Nur Torwart Patrick Drewes präsentierte sich in Topform.

Worst Case bei Bernardo: Kein Transfergeld, keine Hilfe auf dem Platz

Baustelle Abwehr: Als der Jahn mehr Mut entwickelte in der zweiten Halbzeit, geriet das Defensivkonstrukt arg ins Wanken, zeigte sich enorm anfällig bei Kontern. Eine Ecke führte zum 0:1-Aus, Florian Ballas traf.

Fußball, DFB Pokal, 20240818, SSV Jahn Regensburg - VfL Bochum. Im Bild Noah LOOSLI (VfL Bochum, 41) Dribbling Ball und
Noah Loosli (l.) mühte sich gegen Regensburg in der Innenverteidigung, gewann auch die meisten seiner Zweikämpfe (Quote 78 Prozent), streute aber auch immer wieder Fehlpässe im Aufbau ein. © IMAGO/Passion2Press | IMAGO/Markus Fischer

Mit Erhan Masovic und Noah Loosli verteidigten zwei B-Elf-Kandidaten innen. Keven Schlotterbeck spielt jetzt für Augsburg, Ivan Ordets (Schulterverletzung) und der wechselwillige Bernardo (Knieverletzung) werden noch länger fehlen. Bernardo, Leistungsträger in der Vorsaison, kam in der gesamten Vorbereitung nicht in die Spur. Unter Wert verkaufen will der VfL ihn nicht, die anvisierten 7 bis 8 Millionen Euro aber dürfte wohl kein Klub mehr bezahlen. Ein worst case: Bernardo, dessen Vertrag noch bis 2026 läuft, hilft vorerst weder auf dem Platz noch finanziell.

Jakov Medic von Ajax Amsterdam soll diese Woche hinzukommen, auf Leihbasis mit Kaufoption. Spielpraxis fehlt dem Abwehrmann allerdings auch – fraglich, wie schnell der 25-jährige Kroate in den Rhythmus kommt.

Daschner enttäuscht in Regensburg - Bochum fehlt kreative Alternative

Baustelle Mittelfeld: Lukas Daschner zeigte eine starke Vorbereitung – in Regensburg enttäuschte der Spielmacher gänzlich. Es fehlt an einer kreativen Alternative. Doch ohne das Pokalgeld für die 2. Runde und vor allem ohne die erhofften Transfermillionen bei einem Bernardo-Wechsel reicht das Budget nicht für eine adäquate Verstärkung im Zentrum nach den Abgängen von Kevin Stöger (Mönchengladbach) und Patrick Osterhage (Freiburg). Priorität hat ein neuer Verteidiger.

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Baustelle Angriff: Moritz Broschinski erwischte einen total gebrauchten Tag, vergab viele Chancen selbst, verbaselte Kontersituationen. Es bleibt fraglich, ob der 23-Jährige den Bundesliga-Durchbruch schafft. Vizekapitän Philipp Hofmann zeigte sich enorm präsent, im Abschluss aber auch glücklos. Leihstürmer Myron Boadu (23) kam nach einem recht gebrauchten Jahr zum VfL. Seine Qualität kann helfen – wie schnell der Niederländer richtig Fuß fasst, ist schwer abzusehen.

firo :  18.08.2024, Fussball, Fußball, DFB-Pokal, Pokal, Saison 2024/2025, 1.Runde,
Jahn Regensburg - VfL Bochum
Enttäuscht vor den Fans, die sie aufmunterten: (v.l.) Lukas Daschner, Philipp Hofmann und Felix Passlack, Bochums bester Feldspieler in Regensburg, nach dem 0:1 des VfL Bochum im Jahnstadion. © Marcel Engelbrecht/firo Sportphoto | Marcel Engelbrecht

Baustelle Mentalität und Frische: Chancen hatte Bochum in Regensburg zwar genug, kontrollierte lange die Partie, ließ die entscheidende Konsequenz aber offensiv wie defensiv vermissen. Allein die schwache Effektivität ließ Trainer Zeidler nicht als Erklärung gelten. „Wir waren nicht auf den Moment topfit, die 50:50-Duelle waren mehr bei Regensburg. Es gibt viele Dinge, die wir besser machen müssen“, sagte der VfL-Trainer. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen. Aber wir wissen auch alle, dass das vonnöten ist.“

Junge Spieler benötigen Zeit - und ein funktionierendes Team auf dem Platz

Das größte Problem: Gerät der VfL früh in einen Negativlauf, fällt die Integration der nachrückenden Talente umso schwerer. Noch ist die zweite, überwiegend junge „Perspektiv-Reihe“ nicht reif für die Bundesliga. Für etliche Schlüsselpositionen gibt es keine adäquaten back-ups.

Was macht Hoffnung? Der Nackenschlag kann als Wachrüttler dienen. Der Teamgeist ist, das zeigte die Vorbereitung, intakt. Ohne Intensität in den Zweikämpfen über die volle Distanz aber kann Bochum nicht bestehen. Mit Drewes und Sechser Ibrahima Sissoko, der noch Anpassungsprobleme zeigte, standen nur zwei Zugänge in der Startelf – das wird sich ändern. Dani de Wit fehlt auch in Leipzig noch gesperrt, kann danach eine wichtige Rolle im Mittelfeld einnehmen. Auch Boadu und – mutmaßlich – Medic können helfen. Perspektivisch kehrt Abwehrchef Ordets zurück.

Defensive Stabilität muss gewährleistet sein beim VfL Bochum

Entscheidend wird sein, dass das Team das neue 4-4-2-System mit Raute, mit hohem Pressing und Gegenpressing, mit Mut und Leidenschaft auf den Platz bringt, ohne an defensiver Stabilität zu verlieren. Dass Zeidler es schafft, die Herangehensweise auch anzupassen an den Gegner - und dass der VfL damit Erfolgserlebnisse feiert. Vielleicht ja schon in Leipzig.

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