Bochum. Hans-Peter Villis hat die Wahl mit seinem Team gegen das Team um Vereinsarzt Dr. Karl-Heinz Bauer klar gewonnen. Deshalb setzte er sich durch.

„Ich möchte Sie heute begeistern für einen neuen Weg des VfL Bochum“, sagte Dr. Karl-Heinz Bauer in seiner Rede vor der Wahl. Das gelang dem langjährigen Vereinsarzt bei der Mehrheit der Mitglieder nicht: Hans-Peter Villis, seit zehn Jahren Vorstandsvorsitzender des Vereins, wurde am Dienstagabend mit seinem Team mit Zwei-Drittel-Mehrheit wiedergewählt für die kommenden vier Jahre.

Um 23.39 Uhr verkündete Wahlleiter Roland Mitschke das Ergebnis. Auf „Block A“, das Team Villis, entfielen 1.114 Stimmen, das entsprach 66,5 %. Auf Block B kamen 562 Stimmen – 33.5 Prozent. 1696 Mitglieder gaben ihre Stimme in geheimer Wahl ab, 20 davon waren ungültig.

„Wir sind der VfL zusammen. Bei uns gibt es keine Spaltung. Danke“, schloss der souveräne Roland Mitschke die Präsidiumswahl nach einer weitgehend ruhig und sachlich fair verlaufenen Debatte ab. Nur vereinzelt gab es persönliche Spitzen, eine Schlammschlacht aber nicht. Das Team Bauer blieb letztlich zu blass, im Vorfeld wie am Abend, um den Amtsinhaber ablösen zu können.

Villis bedankt sich bei den Mitgliedern und der Opposition

„Ich bin froh und danke Ihnen für die offene Diskussion. Ich freue mich unheimlich, dass Sie mir das Vertrauen schenken“, sagte Villis. „Ich danke auch dem Team Bauer für die offene und faire Auseinandersetzung.“

Dr. Bauer gratulierte dann Villis zuerst und den weiteren Präsidiums-Mitgliedern auf dem Podium, gefolgt von seinen Mitstreitern, die ebenfalls allen gratulierten.

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So blieb ein sportlich faires Bild hängen von Verlierern und Gewinnern. Es war letztlich „eine demokratische Wahl, keine Revolution“, wie Dr. Bauer im Vorfeld immer wieder beschwichtigend erklärt hatte, als Unruhe im Klub aufgekommen und von Spaltung die Rede gewesen war.

Martin Volpers, der Vertreter der Fanclubs, wurde in offener Wahl einstimmig ebenfalls wieder ins Präsidium gewählt. Zu dem gehört auch weiterhin Volker Goldmann als Vorsitzender des Wirtschaftsrates.

Es ist viel von Herzblut die Rede – Bobon kommt nicht an

Von Herzblut war viel die Rede, Herzblut für den VfL Bochum, als sich die Kandidatinnen und Kandidaten der Teams kurz vorstellten. Als der Waltroper Unternehmer Andreas Bobon vom „Team Bauer“ ganz am Ende der Aussprache, um kurz vor 23 Uhr, äußerst ungeschickt erklärte, er sei erst kurz dabei und „die VfL-DNA“ könne noch kommen, hatte wohl keiner mehr Zweifel an Villis’ Sieg. Zuvor hatte sich bereits ein Ultra-Vertreter indirekt für Villis’ Team ausgesprochen.

Der 64-jährige Vorstandsvorsitzende ging ohnehin mit einem klaren Vorsprung ins Rennen. Der Wirtschaftsrat hatte sich bereits für ihn positioniert, einige Fanclubs auch, und sportlich ging es zuletzt bergauf. Und nicht zuletzt, weil die von Sportgeschäftsführer Patrick Fabian und Finanzgeschäftsführer Ilja Kaenzig präsentierten Berichte und Wirtschaftszahlen für viel Applaus sorgten, durfte Villis der Aussprache zur Wahl recht entspannt entgegen sehen. Die Atmosphäre war ruhig, immer wieder gab es Beifall – und mit knapp 1700 Anwesenden blieb ein Ansturm auch aus. Die Mitgliederzahl beträgt über 22.000.

Es gab schon deutlich stürmischere Versammlungen beim VfL Bochum.

So präsentierte sich das Team Villis: Alle Präsidiums-Mitglieder

Villis erklärte entsprechend, den in den letzten Jahren erfolgreichen Weg der Kontinuität, des Wachstums fortsetzen zu wollen. „Der VfL Bochum ist in den letzten zehn Jahren sehr gewachsen. Der VfL ist keine One-Man-Show, das leben wir in der Zusammenarbeit auch.“

Ähnlich äußerten sich seine Teamkollegen. Dr. Andreas Eickhoff und Franz-Josef Tenhagen fassten sich kurz, Uwe Tigges punktete auch als VfL_Fan von Kleinauf.

RUB-Kanzlerin Dr. Christina Reinhardt sorgt für Schwung

Den meisten Applaus erhielt Dr. Christina Reinhardt, die frischen Wind reinbringen könnte ins Präsidium. Sie erzählte, wie die gebürtige Schwäbin vom Stuttgart-Fan zum VfL-Fan wurde, in Bochum arbeitet sie ja schon lange. Sie stehe für „Kontinuität der bisherigen Arbeit“, aber auch für einen Kulturwandel. „An der Führungskultur und Kommunikation gab es auch Kritik, ich gelte als kommunikationsstark“, sagte sie.

Zudem, so Dr. Reinhardt: „Das Team wird schonmal jünger und diverser.“ Einige lachten, viele applaudierten, und Recht hatte sie ja auch. Neue Impulse wolle sie einbringen, ihre Erfahrungen als „Obermanagerin“ der Uni über Finanzen, Personal, Infrastruktur, erklärte die RUB-Kanzlerin.

Das sind die Kernpunkte von Dr. Bauer: Kritik am Umgang

Dr. Karl-Heinz Bauer machte in seiner Rede deutlich, dass „die Herangehensweise“ sein Team vom Team Villis unterscheide, nicht die großen Ziele wie etwa Stadion-Modernisierung, „Ertüchtigung des Talentwerks“ und natürlich sportlicher Erfolg der ersten Mannschaft an sich. Der Ärztliche Direktor des Knappschaftkrankenhauses Dortmund wolle einen „offenen und ehrlichen Umgang“ pflegen, „in dem jeder gegenseitige Meinung schätzt und nicht als Majestätsbeleidigung“ empfinde. „Wir haben keine offene Diskussionskultur im Verein“, sagte er. Kritik werde oft persönlich und „als Angriff auf die aktuellen Machtstrukturen“ genommen.

Das waren die schärfsten Töne des Abends, ohne dass Dr. Bauer Villis persönlich nannte. Zumal er auch keine Schlammschlacht anzettelte, Villis’ Verdienste einmal auch würdigte. „Die zweifelt auch niemand an.“

Ex-Vorstand Christian Hochstätter kam auch ins Spiel. Er wollte 2017 zum HSV wechseln, der Deal scheiterte aber an den Ablöseforderungen des Präsidiums. Er hätte ihn persönlich im ICE nach Hamburg gefahren „und die Ablöse wieder mitgenommen“, so Dr. Bauer: „Wer nicht beim VfL sein will, soll auch nicht beim VfL sein“. Und wenn Thomas Reis wirklich nach Schalke wollte im Sommer, hätte er ihn auch dort hingebracht. Das kam an. Villis verteidigte seine Reis-Haltung vom Juni erneut: „Wir waren da von ihm überzeugt.“

Andererseits kritisierte Dr. Bauer, dass man Ex-Sportgeschäftsführer Sebastian Schindzielorz und Thomas Reis, zwei der Macher der erfolgreichen Jahre zuletzt, nicht halten konnte im Sinne der Kontinuität. Mit „Wertschätzung und Ehrlichkeit“ wolle man den VfL letztlich besser machen. Dr. Bauer: „Kontinuität heißt nicht, ich wähle immer die Gleichen.“

Warb für sich, sein Team, eine andere Kultur des Miteinanders beim VfL Bochum: Dr. Karl-Heinz Bauer. Letztlich konnte er mit seinem Team nicht genug Mitglieder überzeugen.
Warb für sich, sein Team, eine andere Kultur des Miteinanders beim VfL Bochum: Dr. Karl-Heinz Bauer. Letztlich konnte er mit seinem Team nicht genug Mitglieder überzeugen. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Maltritz und Schaaf forsch - Bobon und Zumdick bleiben blass

Sein Teamkollege Andreas Bobon konnte nicht punkten mit Beziehungen zum Mittelstand, auch Torwart-Legende Ralf Zumdick blieb eher blass am Mikrofon. Marcel Maltritz war forscher, der Ex-Verteidiger griff Villis persönlich an, unter anderem für sein Fernbleiben, sein „Wegducken“, so Maltritz, bei der Pressekonferenz zur Trennung von Reis. Und: „Mit Ihnen im Präsidium, Herr Villis, kann ich Kontinuität nur beim Verheizen von Trainern, Sportdirektoren und Vorständen erkennen.“

Auch Marc Schaaf, AWo-Geschäftsführer, konnte als Fan von Kleinauf einige Mitglieder mitnehmen, bewegen. „Der VfL hat eine unglaubliche Identität, ein Riesenpotenzial, sich zu positionieren. Lasst uns Transparenz zeigen. Was zählt ist das Wir. Das wollen wir vorleben.“

Villis kontert auf Dr.-Bauer-Spitze: Da hätte Stimmung kippen können

Bei der Aussprache gab es wenig neue Erkenntnisse. Manche trugen ihre Meinung pro Villis vor, andere pro Bauer. Eine Spitze hatte Dr. Bauer dann, als er auf die Frage nach der Reaktion seiner Kandidatur in der Kabine erklärte, dass es die meisten nicht interessierte, manche frotzelten und einer gefragt habe: „Doc, gegen wen trittst Du denn an?“ Viele lachten.

Villis fand das gar nicht lustig. Sondern es „befremdlich, wenn man mit Spielern kokettiert. Das ist nicht mein Stil. Mit Sponsoren, Wirtschaftsräten, anderen zu kokettieren, das mache ich nicht. Das ist keine DNA, das ist nicht okay.“

In diesem Moment hätte die Stimmung kippen können. Unter anderem die Fragen stellenden Mitglieder, die Kandidaten selbst und auch Roland Mitschke, der die Wahl sehr entspannend moderierte, verhinderten dies. Zumal von den Teams nur Dr. Bauer und Villis noch sprachen – und am Ende Andreas Bobon.