Melbourne. . Zum ersten Mal in der Tennis-Geschichte kann es im Finale eines Grand-Slam-Turniers zu einem Schweiz-Duell kommen. Stanislas Wawrinka erreichte das Endspiel am Donnerstag, am Freitag könnte Roger Federer nachziehen. Doch Federer trifft auf den Top-Favoriten Rafael Nadal.
Ist ja wirklich nichts Neues, einen Mann aus der Schweiz im Finale eines Grand-Slam-Turniers zu sehen. Nach elf Jahren, in denen das 24-mal der Fall war, gehört das doch zum gewohnten Programm, oder nicht? Aber die 25. Aufführung wird in jedem Fall etwas Besonderes sein, denn diesmal ist es Stan Wawrinka, der um den Titel spielen wird. Ein paar Monate, nachdem er bei den US Open zum ersten Mal das Halbfinale bei einem der großen vier Tennis-Turniere erreicht hatte, landete „Stan the Man“ in Melbourne zum ersten Mal im Finale. In dreieinhalb Stunden voller Ballwechsel im Stakkato-Tempo besiegte er am Donnerstag den Tschechen Tomas Berdych 6:3, 6:7, 7:6, 7:6.
Nach einem perfekten australischen Sommertag unter wolkenlosem Himmel legte Wawrinka trotz seiner großen Nervosität einen bemerkenswerten Auftritt hin. Nachdem der 28-Jährige zuvor Titelverteidiger Novak Djokovic aus dem Weg geräumt hatte, wusste er um die einmalige Chance, nicht gegen einen aus dem Kreis der großen Vier spielen zu müssen, sondern gegen Berdych, die Nummer sieben der Weltrangliste. Er begann hochkonzen-triert und zwang den Gegner zu Fehlern. Nach einer halben Stunde hatte Wawrinka den ersten Satz in der Tasche. Berdych wurde stärker, und in der restlichen Zeit der drei Stunden glichen sich Vorteile und kleine Fehler hüben wie drüben aus. Den Tiebreak des zweiten Satzes gewann der Tscheche souverän, beim dritten war er Wawrinka mit zwei Doppelfehlern behilflich, und mit einem Doppelfehler zum 4:1 bog er im vierten auf die Straße der Niederlage ein.
Lob vom unterlegenen Berdych
Berdych meinte hinterher, der Unterschied sei so gering gewesen, dass man ein Genie sein müsse, um ihn mit einem Blick erkennen zu können. Aber er war großzügig und lobte den Sieger: „Er ist derjenige Spieler, der sich im vergangenen Jahr am meisten verbessert hat.“
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Wawrinka behauptete, er habe nie damit gerechnet, je in einem solchen Finale zu landen; kaum zu glauben angesichts seines Talents und der weltbesten Rückhand, zu der inzwischen eine ebenfalls bemerkenswerte Vorhand gekommen ist. Sein schwedischer Trainer Magnus Norman, mit dem er seit knapp einem Jahr zusammenarbeitet, hat erkennbar erstklassige Arbeit geleistet.
Wawrinkas Freude sprudelte nicht, dazu ist er nicht der Typ. Aber sie leuchtete in seinen Augen. Die Sache kann aus der Sicht der Schweizer ja noch besser werden, wenn Roger Federer das zweite Halbfinale an diesem Freitag (Beginn 9.30 Uhr MEZ) gegen Rafael Nadal gewinnt und ebenfalls im Finale landet. Federer hatte vor ein paar Tagen verraten, wie sehr er als Zuschauer bei den Spielen des Freundes mitgehe, Wawrinka behielt es für sich, ob er von der Couch springen wird, falls Federer gegen Nadal gewinnt. Das Wichtigste werde sein, so sagt Wawrinka, nicht aus den Augen zu verlieren, dass er noch nicht am Ziel ist. Der große Coup ist noch einen Sieg entfernt.